Die Veddeler Wache 33

1 IBA u Fw 2015 KopieFeuerwache mit Tradition
mit Rettungswache für schwere Fälle.

Schaut man von Süden über den Müg­gen­bur­ger Zoll­ka­nal nach Nor­den, so erblickt man, geduckt hin­ter Flut­mau­ern / halb abge­deckt hin­ter dem IBA-Pon­ton, die Ved­de­ler Feu­er- und Ret­tungs­wa­che 33 am „Zoll­ha­fen“.  

Viel Tra­di­tio­nel­les gibt es auf der Ved­del wirk­lich nicht mehr. Das alte Bahn­hofs­ge­bäu­de von 1909 wur­de 1979 abge­ris­sen. Die letz­ten alten Res­te vom Gebäu­de mit dem Tanz­saal aus den Anfän­gen des 19ten Jahr­hun­derts (Ecke Ved­de­ler Bahndamm/Sieldeich) ver­schwan­den trotz Pro­tes­tes eini­ger Bewoh­ner in 2007; zur sel­ben Zeit, in der auch die Rest­fun­da­men­te der alten Aus­wan­de­rungs­hal­len ver­schwan­den, die den Neu­bau­ten der jet­zi­gen Ball­in­stadt wei­chen mußten.

Und von den heu­ti­gen Ved­de­ler Back­stein­bau­ten stam­men aus Fritz Schu­ma­chers Feder ledig­lich nur die Schu­le (1932 ein­ge­weiht) und die Feu­er­wa­che (1928 ein­ge­weiht). Somit ist heu­te die Ved­de­ler Feu­er­wa­che das ältes­te Ved­de­ler Gebäude.

Das gehü­te­te his­to­ri­sche Wach­buch der dama­li­gen FW 12 ent­hält u.a. auf der ers­ten Sei­te den Ein­trag:

Bemer­kun­gen: 11:00 Uhr Die Wache wur­de von der Hoch­bau­ab­tei­lung dem Senat und der Depu­ta­ti­on für das Feu­er­lösch­we­sen übergeben.
16. April 1928, Mon­tag (unter­zeich­net) Drevs

Obwohl die Ham­bur­ger Feu­er­wehr­wa­gen 1928 bereits moto­ri­siert waren, hat man für die Zügel von Pfer­de­ge­span­nen ver­senk­ba­re Hal­te­schlau­fen in den geflies­ten Boden ein­ge­ar­bei­tet. Dies tat man aus der Sicht­wei­se her­aus, dass zu Hil­fe kom­men­de umlie­gen­de Feu­er­wa­chen noch mit Pfer­de­ge­span­nen aus­ge­rüs­tet sein könnten.

Auch wenn die Feu­er­wa­che uns heu­te rein äußer­lich im glei­chen Look erscheint wie in den 20er Jah­ren des letz­ten Jahr­hun­dert, so ist das Inne­re der Wache nebst zuge­hö­ri­gem Equip­ment auf dem neu­es­ten Stand.

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Alter Fernmeldetisch im Telegrafenzimmer (1930)
Alter Fern­mel­de­tisch im Tele­gra­fen­zim­mer (1930)

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Brandamtsrat und Wachführer Horst Struckhof entnimmt ausgedruckte eingehende Nachricht (beobachtet von dem bereits pensionierten Feuerwehrmann Lothar Frintzenwanker
Brand­amts­rat und Wach­füh­rer Horst Struck­hof ent­nimmt aus­ge­druck­te ein­ge­hen­de Nach­richt (beob­ach­tet von dem bereits pen­sio­nier­ten Feu­er­wehr­mann Lothar Frintzenwanker

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WIP: „Was unter­schei­det die Ved­de­ler Feu­er­wa­che von ande­ren Ham­bur­ger Feuerwachen?“
Struck­hof: „Die Ved­de­ler Wache (heu­te FW 33) ist zwar für ein Gebiet mit dem gerings­ten Bevöl­ke­rungs­an­teil zustän­dig, umfaßt dafür aber ein gro­ßes Gebiet mit vie­len Groß­be­trie­ben, das bis an die süd­li­che Gren­ze zum Fähr­ka­nal und den Vogel­hüt­ten­deich in Wil­helms­burg reicht. Der öst­li­che Teil schließt natür­lich das Indus­trie­ge­biet der Peu­te mit ein.

Im Nor­den reicht die Gren­ze an das süd­li­che Gebiet von Rothen­burgsort, schließt west­lich Enten­wer­der mit ein und geht dar­über hin­aus sogar in Rich­tung Hafen-City mit dem Thea­ter am Großmarkt.

Es liegt kein Feu­er­lösch­boot mehr neben der Wache im Müg­gen­bur­ger Zoll­ka­nal , wie es bis 1994 der Fall war. Auch die „Nixe“ ver­schwand; ein klei­nes Mie­nen­such­boot für Schu­lungs­zwe­cke zur Schiffsbrandbekämpfung.

An glei­cher Stel­le lag übri­gens frü­her die Fluß­schif­fer-Kir­che, vie­len Alt-Ved­de­lern durch Got­tes­diens­te, Kon­fir­ma­tio­nen und Hoch­zei­ten bekannt.

Wenn auch nicht mehr in Besitz eines Feu­er­lösch­boo­tes, so reicht der Ein­fluß­be­reich der Ved­de­ler Hafen­wa­che im Wes­ten über den Klei­nen Gras­brook hin­aus bis Stein­wer­der und ist für Musi­cal- Gebäu­de und den alten Elb­tun­nel zuständig.

4 Feuer u RettunswacheRet­tungs­wa­che für schwe­re Fälle

1976 erfolgt in Ham­burg die Erwei­te­rung von der rei­nen Feu­er­wa­che zur Feu­er-und Ret­tungs­wa­che. Die Ved­de­ler Wache erfährt die Umbe­nen­nung von F 14 (ursprüng­lich F 12) in die FW+RW 33. Der Anbau für das Ret­tungs­we­sen ist 1979 abgeschlossen.

Auch hier stel­le ich die Fra­ge an Herrn Struck­hof: „Was unter­schei­det die Ved­de­ler Abtei­lung Ret­tungs­wa­che von ande­ren Ret­tungs­wa­chen in Ham­burg?“ bekom­me ich erst ein­mal zu hören, was war:

Daß näm­lich der Baby-NAW (Not­arzt­wa­gen) 1993 auf der Ved­del ein­ge­setzt wur­de, als ein­zi­ger für ganz Ham­burg. Das ist ein Spe­zi­al-Ret­tungs­wa­gen, der für den Trans­port von Früh­ge­bo­re­nen im Brut­kas­ten (sog. Inku­ba­tor) kon­zi­piert wor­den ist, um die­se Säug­lin­ge mög­lichst erschüt­te­rungs- und schwin­gungs­frei trans­por­tie­ren zu können.

Im Zuge der Umstruk­tu­rie­rung 2014 wur­de die­ses Spe­zi­al­fahr­zeug an die 2. Wil­helms­bur­ger Wache F32 (Umwelt- und Tech­nik­wa­che) in die Neu­hö­fer­stra­ße verlegt.

Aber, dafür bekam die Ved­del den SRTW (Schwer­last-Ret­tungs­wa­gen).7 SRTW

Was es mit die­sem Spe­zi­al-Trans­por­ter auf sich hat, konn­ten Wil­helms­bur­ger Schü­ler erklärt bekom­men. Die Schü­ler arbei­ten gera­de im Zuge der Akti­on „Ler­nen am Was­ser“ (sie­he WIP-Aus­ga­be 3/2015: Ein­lei­tung mit Anlei­tung) an einem Film­pro­jekt über die Ved­del. Als Vor­be­rei­tung für die­ses Pro­jekt schau­ten sie mit ihrem Betreu­er Ulrich Böwing vom Haus der Pro­jek­te (die Müg­ge) mal kurz bei der Ved­de­ler Wache vorbei.

Was ihnen da Herr Klaus Grö­ning als Spe­zia­list an Fak­ten vor­brach­te, hau­te jeden um:

Der SRWT kommt zum Ein­satz für den Trans­port von schwer­ge­wich­ti­gen Per­so­nen bis zu einem Gewicht von 400 kg !! Auch beim Nach­fra­gen; es blieb bei 400 kg leben­dem Kör­per­ge­wicht einer Per­son. Die Tra­ge für den Trans­port läßt sich bis auf 1,20 m ver­brei­tern. Häu­fig leben die­se Per­so­nen in den obers­ten Stock­wer­ken ohne Fahr­stuhl und kön­nen somit das Trep­pen­stei­gen nicht mehr bewäl­ti­gen. An Ret­tungs­kräf­ten sind dann bis zu 16 Per­so­nen erforderlich.

8 HelmeSons­ti­ges Wissenswertes

Die Ved­de­ler Wache ist besetzt mit 110 Per­so­nen. Davon sind 101 Beam­te (incl. einer Beam­tin), die zum Feu­er­wa­chen-Bereich zäh­len und 9 Ange­stell­te, die aus­schließ­lich für den Ret­tungs­be­reich zustän­dig sind.

Bei der Fra­ge nach der Gesamt­stär­ke der Feu­er­wehr­leu­te in Ham­burg nann­te Herr Struck­hof die Zahl 5000, wobei die Auf­tei­lung zwi­schen Berufs­feu­er­wehr und Frei­wil­li­ger Feu­er­wehr bei fast genau 50/50 liegt.

WIP: Wie­viel Leu­te des Per­so­nals der Wache 33 leben auf der Ved­del oder Umgebung?
Struck­hof: Niemand!

Man könn­te mei­nen, die Ved­de­ler Wache hat nichts mit den Flücht­lin­gen zu tun, die unser Land die­ses Jahr über­schwemm­ten. Da belehrt mich Herr Sruck­hoff eines Bes­se­ren: Die 8 Groß­zel­te in der Schnacken­bur­g­al­lee (von den Medi­en wahr­ge­nom­men) stam­men vom unse­rer Wache 33.

WIP: Wie steht es mit dem Nach­wuchs, der Unterstützung?
Struck­hof: Frü­her gab es vie­le Jugend­li­che, die, statt der Wehr­pflicht nach­zu­kom­men, lie­ber den Zivil­dienst antra­ten (sog. Zivis) und gern im Kran­ken- und Ret­tungs­we­sen ein­ge­setzt wurden.

WIP: Da die Wehr­pflicht in Deutsch­land abge­schafft ist, man­gelt es doch bestimm­te an die­sen Leuten.
Struck­hof: Stimmt ! Wir haben heu­te zwar die „Buf­dis“, die Bun­des­frei­wil­li­gen, aber die machen den Ver­lußt nicht wett.

Daher wird heu­te fix gewor­ben für den Ret­tungs­dienst und den Feu­er­wehr­dienst. Bro­schü­ren lie­gen bei den Wachen aus.

Wei­te­re Quel­len: „www.feuerwehr.hamburg.de“ oder 040 42851–4823

Für Schü­ler kön­nen natür­lich „Schü­ler­prak­ti­ka“ von Inter­es­se sein. Die Schu­len ver­su­chen Inter­es­sier­te aus den 8. oder 9. Klas­sen für die­se heiß­be­gehr­ten 3‑wöchigen Prak­ti­ka bei der Ham­bur­ger Feu­er­wehr unter­zu­brin­gen. Also; nach­fra­gen bzw. im Inter­net suchen.

WIP: Wel­che Mög­lich­kei­ten gibt es nach der Schule?
Struck­hof: Man kann nach Real­ab­schluss oder nach Haupt­schul­ab­schluss und 2‑jähriger Berufs­aus­bil­dung sich zum „Notfallsanitäter/in“ aus­bi­den las­sen. Die­se Aus­bil­dung dau­ert 3 Jahre.

„Feu­er­wehr­mann (-frau)“, bzw. Brandmeister/in zu wer­den ist nicht ganz einfach.

Die Vor­aus­set­zung dazu ist näm­lich eine abge­schlos­se­ne hand­werk­lich-tech­ni­sche Berufs­aus­bil­dung oder einen Bache­lor­ab­schluss in einem tech­ni­schen oder natur­wis­sen­schaft­li­chen Studiengang.

Natür­lich ist man auch berech­tigt, wenn man die Aus­bil­dung als „Notfallsanitäter/in“ hin­ter sich hat.

Die Aus­bil­dung für den Feu­er­wehr­dienst beträgt dann 1 ½ Jah­re und schließt mit der Prü­fung zum „Mitt­le­ren feu­er­wehr­tech­ni­schen Dienst“ ab.

9-FirefighterSpe­zi­el­les

Eine Samm­lung von Müt­zen und Hel­men aus unter­schied­li­chen Län­dern, die im Urlaub von einem Kol­le­gen mit­ge­bracht wur­den, die ich im Wach­raum sich­te­te, zeugt davon, dass auch pri­va­tes Inter­es­se an die­sem Beruf vor­han­den ist.

 

Und was mir beson­ders auf­fiel an der Ved­de­ler Wache: Man war sehr freund­lich und ent­ge­gen­kom­mend. Das Ver­hält­nis unter den Kol­le­gen scheint sehr kame­rad­schaft­lich zu sein, wie ich bei mei­nen Kon­tak­ten mit unter­schied­li­chen Mit­ar­bei­tern bemer­ken konn­te. Sicher­lich ist es kein spe­zi­el­les Phä­no­men der Ved­de­ler Wache, son­dern trifft sicher­lich eben­falls auf ande­re Wachen zu. Wahr­schein­lich kann man die­ses Phä­no­men ver­glei­chen mit den Berg­bau-Kum­pels unter Tage. In bei­den Beru­fen arbei­tet man unter gefähr­li­chen Bedin­gun­gen zusam­men und ist dabei auf die Zuver­läs­sig­keit sei­ner Kol­le­gen angewiesen.

Das Tref­fen von 1200 pen­sio­nier­ten Feu­er­wehr­leu­ten im letz­ten Dezem­ber in der Petri­kir­che zeigt, daß auch mit dem Ruhe­stand die­ses Zuein­an­der-Hal­ten nicht endet.