FC Männer : SV Frauen

Sind Frauen die besseren Fans?

Die weh­mü­ti­ge Ankla­ge eines anony­men, männ­li­chen Fans.

Frü­her, da war die Welt für uns Ker­le alle zwei Jah­re für ein paar Wochen im Som­mer noch in Ord­nung. Dann lief die WM oder EM, wir suhl­ten uns in unse­rem Exper­ten­tum, schau­ten selbst­ver­ständ­lich alle Spie­le und kann­ten auch noch die Num­mer 23 des bul­ga­ri­schen Kaders mit Vor- und Zuna­men sowie Geburtsdatum.

Frau­en waren gedul­det, nicht unbe­dingt erwünscht, sie durf­ten höchs­tens über den hüb­sches­ten Spie­ler und des­sen Fri­sur dis­ku­tie­ren. Wir Ker­le dage­gen wuss­ten, was Abseits ist, allein das mach­te den klei­nen Unter­schied aus, den Ali­ce Schwar­zer damals beschrie­ben hatte.

Vor­bei, alles vor­bei. Und Schuld ist Jür­gen Klins­mann. Der trat 2004 als neu­er Bun­des­trai­ner an und ver­füg­te auf ewig fol­gen­de Sachen: 1. Die deut­sche Natio­nal­elf soll nicht nur erfolg­reich, son­dern auch schön spie­len; 2. Alle Bun­des­trai­ner tra­gen ab sofort kör­per­nah geschnit­te­ne Desi­gner­hem­den; 3. Der DFB-Team­chef muss nicht mehr aus­se­hen wie Ber­ti Vogts oder Jupp Der­wall, er darf des­halb auch mit Attri­bu­ten wie „smart“, „ele­gant“ oder „welt­män­nisch“ ver­se­hen werden.

So begann die fried­li­che Revo­lu­ti­on, die in der WM 2006 ihren Höhe­punkt fand, als Män­ner und Frau­en vier Wochen lang gemein­sam schun­kel­ten. Seit­dem gibt es im Prin­zip kei­ne Frau mehr, die sich nicht zumin­dest rudi­men­tär für Fuß­ball interessiert.

Frau­en ohne Hand­ta­sche sind mitt­ler­wei­le zahl­rei­cher als wel­che ohne Lieb­lings­ver­ein. Und gibt es Frau­en ohne Hand­ta­sche? Sie suchen sich ent­we­der Ver­ei­ne mit ver­meint­lich gut­aus­se­hen­den Trai­nern, wie Jür­gen Klopp oder Bru­no Lab­ba­dia, oder sym­pa­thi­sie­ren mit dem loka­len Team. Der letz­te Schrei: Lieb­lings­ver­ei­ne im Aus­land, aber nicht Real Madrid oder Man­ches­ter United. Statt­des­sen AC Flo­renz, „wegen die­sem tol­len rumä­ni­schen Tor­jä­ger Adri­an Mutu“. Oder Hel­sing­borg IF, „weil Hen­rik Lars­son immer noch der Größ­te ist“ .

Die neue Genera­ti­on der Frau­en ist mit Vie­rer­ket­te, Raum­de­ckung und der Dop­pel­sechs vor der Abwehr groß gewor­den. Eine Dis­kus­si­on über Vor- und Nach­tei­le des 4–3‑2–1 gegen­über dem 4–3‑1–2 treibt die weib­li­che Anhän­ger­schaft nicht mehr flucht­ar­tig aus dem Wohnzimmer.

Was ver­an­stal­ten wir Ker­le nicht immer ein Bali­hoo um unser ver­meint­lich exklu­si­ves Wis­sen. Die­se evo­lu­tio­när beding­te Prah­le­rei ist den Frau­en fremd. Sie müs­sen der Welt nicht mit­tei­len, dass sie das EM-Son­der­heft des „kicker“ neben der „BRIGITTE“ lie­gen haben. Laut wer­den sie nur, wenn pikier­te Ker­le im Zuge der Revier­ver­tei­di­gung das Gespräch auf die Fri­sur von David Beck­ham len­ken wollen…

Außer­dem sei Cris­tia­no Ronal­do sowie­so viel jün­ger und schnuckeliger…