Bunker-Upcycling in Kirchdorf
[one_half]Ein Wohngebiet mitten in Kirchdorf. Ruhige Straßen und ab und zu merkwürdige Bauten, die wie riesige Spitzen von Feuerwerksraketen aus dem Boden zu ragen scheinen. Was soll das sein? Mit Grünzeug überwuchert oder als Garage oder Eingang genutzt. Ich wundere mich uber diese merkwürdigen Dinger, die da an die Häuser gebaut sind oder in den Gärten stehen. Die in der NS-Zeit gebaute Hafenarbeitersiedlung liegt östlich von der S‑Bahn-Station Wilhelmsburg und reicht vom Dorfstieg bis zur Windmühle. Diese Kleinsiedlung entstand in der Zeit des 2. Weltkrieges und wurde Hermann-Göring-Siedlung genannt. Das Gebiet liegt im ehemaligen Urstromtal der Elbe und galt durch die damals sumpfige Weidenlandschaft als unbebaubar. 1934 begann der Reichsarbeitsdienst, dieses Gelände durch das Ziehen von Entwässerungsgräben und das Anlegen von Wegen für die Bauerschließung nutzbar zu machen. Von sieben Hafenarbeitern wurde der Hafen-Siedlungs-Verein gegründet. Die meisten der gerade mal 56 qm großen Doppel-Fachwerkhäuser, die aus Eichenbalkenkonstruktionen mit Heraglitplatten (gemisch aus Stroh & Zement) erbaut wurden, überstanden die Erschütterungen der Bombenanschläge. Da die Landwirtschaft durch die Kriegswirren notleidend war, sollten sich die Bewohner der Siedlung mit Kleinviehhaltung und Gemüse- und Obstanbau selbst versorgen können. Die Gärten waren im Vergleich zum Haus doppelt so groß. Es gab strenge Regelungen, wie der Garten anzubauen war, und eine Teilnahme an der Gemeinschaftsarbeit war Pflicht, sonst wurde man der Siedlung verwiesen.[/one_half]
[one_half_last]Im Sommer 1940 baute man Rundbunker zum Schutz der Siedler vor dem schon begonnenen Krieg. Deren Mauern sind so stabil und „dickhäutig“, dass diese heute noch in den Gärten der Siedlung zu finden sind. Ungefähr jedes fünfte Haus beherbergt einen Bunker im Garten. Vom Dorfstieg bis zur Brackstraße. Es sind geschätzt noch um die 200 Stück. So streng wie damals geht es heute nicht mehr zu. Vor einigen Jahren hat sich der Hafen-Siedlungs-Verein umbenannt und heißt jetzt Verein Kirchdorfer Eigenheimer. Heutzutage ist die Hermann-Göring-Siedlung eine Eigenheim-Siedlung, in der jeder seinen Garten nach Belieben nutzen darf. Auch die Häuser können individuell umgebaut werden. Die Bunker allerdings sind geblieben und dürfen nur nach Genehmigung des Bauamtes umfunktioniert werden. Bei einigen Exemplaren ist das recht gut gelungen und es macht Spaß, einmal durch die Siedlung zu flanieren und ab und zu einen Rundbunker zu entdecken, der sinnvoll oder gar liebevoll upgecycelt wurde. Und wer nicht alleine auf Entdeckungstour gehen möchte, kann gerne an einer Führung durch die Siedlung teilnehmen.[/one_half_last]
Infos: Verein Kirchdorfer Eigenheimer e.V., Brackstraße 43, 21109 Hamburg, Tel. + Fa x: 040 7544582
Bürozeiten: Montag und Mittwoch 9 – 11 Uhr, Jeden 1. und 3. Dienstag 18 – 19:30 Uhr