Der offizieller HSV Fanclub: Die Insulaner HH-Wilhelmburg
Ein bisschen mutig kam ich mir schon vor, als ich zum monatlichen Frühschoppen eines eingefleischten HSV Fanclubs schlich. Erstens, weil ich kaum Ahnung vom HSV und Fußball im Allgemeinen habe. Zweitens so allein als Frau zwischen all den echten Kerlen. Drittens, naja selbst ein Greenhorn wie ich weiß, dass der Dino gerade alle Fannerven strapaziert.
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12 Uhr in Kirchdorf. Knossos der Grieche an der Kirchdorferstraße ist zum Stammtisch der 58 Mitglieder in schwarz-weiss-blau geworden. Und Mitglieder gibt es aktive, passive, Männer, Frauen, Jugendliche, Kinder und sogar ein Baby. Nach einer Stunde Fußball-Fanclub-Fachgesimple ist mir dann klar, dass der kleine, feine Verein im Grunde wie eine bunte Familie ist. Bunt im Sinne von dreifarbig natürlich.
Schuld daran, dass ich sonntags morgens zum Frühshoppen schleiche ist Rolf. Als 1. Vorsitzender hatte er mich via Facebook Nachricht angelockt. Rolf Schacht ist mit Ronald, Bernd und Thomas Wilkens, Julio Almeida, Frank Hamann, Hansi Kirschner und Dirk Mikeska Gründungsmitglied. Eine Schnapsidee. Oder eher aus einer Bierlaune entstanden ist der Club aus Dauerkarten-Freunden zuerst inoffiziell vor acht Jahren im Hamburger Hochbräuhaus. Und weil man sich nicht einfach selbst eine Raute aufs Fanclub T‑Shirt drucken darf, wurden in 2012 „Die Insulaner HH-Wilhelmsburg“ geboren. Offizieller Fanclub des HSV. Das hat neben der Ehre auch Vorteile wie bevorzugt an Karten heranzukommen. 850 Fanclubs weltweit auf vier Kontinenten. 56 davon im Ausland. Die Insulaner sind sogar verewigt auf einem Fanstein auf der „Wall of Fans“ neben dem Aufgang zum Arena Store und HSV-Museum (Eingang Nordost). Der Schriftzug der Insulaner prangt direkt über der Raute.
Das Hamburger Hofbräuhaus ist und war oft beliebter Anlaufpunkt nach Heimspielen. Je nach Erfolg, wurde hier, in einer anderen Kneipe oder auf dem Hamburger DOM, gefeiert oder eben auch ein Trostbierchen getrunken. Aber auf die aktuelle Lage will ich lieber nicht groß eingehen, da trete ich nur ins Fettnäpfchen und reiße Wunden auf. Wie heißt es hier so schön am Stammtisch: „Das alles ändert nix an der Liebe zum HSV!“ Hach, das ist doch herrlich. Echte Liebe, nicht auf Grund von Status oder Erfolg. Und echte Liebe beginnt morgens um 11 Uhr bei einem Heimspiel. Da wird sich eingestimmt bei einem Clubmitglied privat. Dann ab in die S‑Bahn. Nächster traditioneller Stop: Der Shuttel-Imbiss am Stellinger Bahnhof, dort ist immer der Stammtisch für die Jungs und Mädels aus Wilhelmsburg reserviert. Weiter geht’s mit dem Stadion Shuttelbus.
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Auswärts sind die Jungs auch stark. „3 – 4 x im Jahr organisieren wir Touren mit einem Bus oder der Bahn, mal mit oder ohne Übernachtung. Unseren HSV müssen wir natürlich auch Auswärts begleiten. Richtig gern erinnere ich mich da an 2012, Spiel gegen Düsseldorf im Pokal. Eine seltene Begegnung. Das Highlight war, dass wir im Zug Hermann Rieger getroffen haben, Kultmasseur unserer Jungs, der ja leider 2014 verstarb, “ berichtet mir Rolf etwas gerührt. Vorstandsmitglied Nummer 2, Dennis Aust fällt da das Relegationsspiel 2014 ein. „Rückrunde gegen Greuter Fürth. Weil wir die Relegation geschafft hatten, natürlich auch Dank Unterstützung aller Fanclubs, lud der HSV alle Fanclubs in den VIP Bereich des Stadions zu einer Feier ein. Klasse Veranstaltung. Live Musik von Abschlag und unserem HSV Elvis.“ Ebenfalls in 2014 war die Woche am legendären Ballermann auf Mallorca. Dort haben neun der 56 Mitglieder sieben Tage lang in voller Insulaner Montur gezeigt, wer die echten HSV Fans von der Elbinsel sind.
Und wer nun meint, och son‚n Fanclub gründe ich auch mal eben, dem kann Rolf berichten, dass das nicht mal eben so ist: „Wir mussten eine Satzung erstellen mit Sitz des Vereins, dem Vereinszweck, Sitzungstermine und Regeln für die Mitgliedschaft. Dazu Ämter besetzen wie Vorstand, Schriftführer und Kassenwart. Alle vier Jahre muss neu gewählt werden. Aktuell im Vorstand sind: Dennis Aust, Sven Schwentke, Ronald Wilkens, Dirk Mikeska und ich. Man bekommt dann regelmäßig News vom HSV und Einladungen zu Infoveranstaltungen, wenn es Neuigkeiten gibt wie zum Beispiel Strukturveränderungen.
Neue Mitglieder suchen die Insulaner nicht: „Wir sind wählerisch und im Grunde auch groß genug. Unser Club ist gesund gewachsen. Wir sind gar nicht alle von der Insel. Aus Niendorf, Bad Oldesloe, Wenzendorf und Maschen haben wir auch Mitglieder. Und gerade der Altersmix ist gesund bei uns. Jüngstes Mitglied ist Dennis sieben Monate alter Sohn Lennie. Ältestes Mitglied mit 65 Jahren sein Vater Bernd Aust, den wir nur „Vaddi“ nennen, “ erklärt Rolf mir amüsiert. Jeder der neu im Insulaner Boot war musste sich sofort eine Fankluft zulegen. Pulli oder T‑Shirt im Insulaner Style. Und davon gibt es eine üppige Auswahl. Der Club eigene Fanshop machts möglich. „Wir haben für unsere Mitglieder ‚ne breite Palette, vom Longdrinkglas über ein wertiges Zippo Feuerzeug bis zu Klamotten in allen Variationen. Da kann man sich richtig austoben, “ lacht Dennis der sich wohl selbst schon ordentlich eingedeckt hat.
Nächstes Highlight ist das Sommerfest. Zweimal im Jahr wir groß und mit Kind und Kegel gefeiert. Sommerfest und Weihnachtsfeier. Mitte Juni geht’s nun rund im Vereinshaus: Bierwagen, Grillstand, Tombola, Spiele, Tanz und die Präsentation von neuen, coolen Fanshopartikeln. Der Festausschuss hat in diesen Tagen reichlich zu tun. Die Weihnachtsfeier ist dann immer ganz unterschiedlich. Mal gibt es eine Stadiontour, mal geht’s ins Hofbräuhaus. Das Programm ist immer bunt.
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Auf meine Frage, ob die Jungs Lieblinge im Kader haben oder einen Lieblingstrainer, kommt die Antwort von Rolf:“ Huup Stevens war Klasse, ohne hier einen besonders hervorheben zu wollen, denn der Trainer ist immer die ärmste Sau. Von den Spielern haben schnell die Jungspieler unsere Sympathie. Die sind noch hungrig, da geht es um Fußball und nicht um die Kohle, so muss es sein!“
Nun komme ich auch ins Grübeln. Wann war ich denn zuletzt im Stadion? Mmh… Das erste Mal damals noch zur Schulzeit Mitte der 90er. Da weiß ich nun wirklich nicht mehr, gegen wen der HSV da gespielt hat. Zu meiner Schande, weiß ich noch nicht mal mehr, ob unsere Jungs gewonnen haben. Dann das legendäre Relegationsspiel gegen den Karlsruher SC in 2015. Das war natürlich ein Highlight. 1:0 Niederlage in der Hinrunde des Relegationsspiels. Die Stimmung war trotzdem famos. Der Rückweg dauerte recht lange. An den Bierbuden war ordentlich was los und in der S‑Bahn wurden HSV Lieder in allen Variationen geschmettert. Eine herrliche Atmosphäre. Und in der letzten Saison war es das Spiel gegen Gladbach, welches ich mit meiner Clique aus echten Fans besucht habe. Seit dem bin ich Mitglied in einer HSV WhatsApp Gruppe und bin immer auf dem Laufenden, ob ich will, oder nicht. Naja. Und dann gibt es natürlich noch dieses „Grillen und HSV gucken“ am TV zuhause. Mit einer Gruppe von Fans gucken und mitfiebern, lässt auch ein Greenhorn wie mich absolut nicht kalt.
Zurück zu den echten Fans den Insulanern. Als ich die Jungs nach einem Highlight frage, einem schönen, oder witzigen Erlebnis, fällt Rolf gleich eine der schönsten Rücktouren ein. „In der Bahn lernten wir einen Fanclub aus Stade kennen. Mit denen schnacken und lauthals HSV Lieder singen war so klasse, dass wir uns entschieden nicht in Wilhelmsburg auszusteigen, sondern die Fanclubkollegen sozusagen noch nach Hause zu bringen. Die Bahn fährt ja durch bis Stade. Wir wollten dann einfach diese Extrarunde drehen und wieder zurück fahren. Die Verlängerung bis Stade war lustig. Weniger lustig war dann, dass das die letzte Bahn war und von Stade keine mehr fuhr. Dann gings mit dem Taxi nach Hause. Der Spaß hat uns 80 € gekostet. Vergess‚ ich nie!“
Meine letzte Frage an die sympathischen schwarz-blau-weißen Jungs ist, was denn gar nicht beim Fußball, unter Fans oder auch im Club geht? „Schlägereien! Dafür haben wir null Verständnis. Wer das in unserem Club macht, fliegt sofort raus. Allerdings sind wir eine echt harmonische Gruppe. Es geht uns um Sport und um die Liebe zum Verein, “ macht Rolf deutlich klar.
Ja, das Leben als Fan kann hart sein, stelle ich nach dem Interview fest. Da muss man auch mal einstecken können, ohne auszuteilen. Wer nun neugierig ist auf die Insulaner, der halte im Stadion Ausschau in Richtung Nordtribüne. Irgendwo zwischen Block 21B und 28C sind die Insulanerjungs mit Wilhelmsburg Wappen und HSV Raute auf der Brust bestimmt nicht zu übersehen und zu überhören…
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Insulaner, Insulaner- Hey! Hey!