Verliebt in den Burgkeller

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„Im Acryl­rausch“ – Eine Aus­stel­lung im Muse­um Elb­in­sel zur Saisoneröffnung

 

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Am Tag nach Ostern beginnt die in Bux­te­hu­de woh­nen­de Ilze Men­ne­king-Soikans im Burg­kel­ler des Muse­um Elb­in­sel Wil­helms­burg ihre Aus­stel­lung „Im Acryl­rausch“ auf­zu­bau­en. In 2014 sah sie bei einem Besuch des Muse­ums den Burg­kel­ler von 1624 und frag­te spon­tan an, ob sie da unten ihre sehr far­ben­fro­hen Bil­der aus­stel­len könn­te. Dies wäre genau der rich­ti­ge Raum dafür, ihre Bil­der zu prä­sen­tie­ren. Auch hier war es, wie bei den Ideen zu ihren Bil­dern, ein unvor­her­ge­se­he­ner Aus­lö­ser: Sie hat­te sich in den his­to­ri­schen Burg­kel­ler ver­liebt und sah sich hier ihre Geschich­ten erzäh­len­den Bil­der prä­sen­tie­ren. „Im Acryl­rausch“ bedeu­tet hier nicht, dass der Ver­stand infol­ge eines Rau­sches aus­ge­stellt wird, son­dern dass die Idee, die unvor­her­ge­se­hen kommt, sofort mit dem Mit­tel der schnell­trock­nen­den Acryl­far­be umge­setzt wer­den muss.

Nach einer län­ge­ren Pau­se, her­vor­ge­ru­fen durch den Tod ihrer Toch­ter, der  Schau­spie­le­rin, Sän­ge­rin und Grün­de­rin des „Thea­ters im Hin­ter­hof“ in Bux­te­hu­de, Nina Zober, stellt Men­ne­king-Soikans nun erst­mals wie­der aus. Die­se viel­sei­ti­ge Künst­le­rin stu­dier­te in Müns­ter Kera­mik und hat­te Zei­chen- und Mal­un­ter­richt bei einem Meis­ter­schü­ler von Paul Klee, E.B. Hart­wig und bei ihrem Vater, Pro­fes­sor Juris Soikans. Seit 1998 bil­det die Male­rei ihren künst­le­ri­schen Schwerpunkt.

Nach über 30-jäh­ri­gem kera­mi­schem Schaf­fen in sehr mate­ri­al­ge­rech­ter Art mit irde­nen Far­ben, archai­schen For­men und Irak brennthand­werks­ge­bun­den, begann für Ilze Men­ne­king-Soikans 1997 eine neue Schaf­fens­pha­se. Die kera­mi­sche Form wie Tel­ler oder Schüs­sel dien­te nur noch als Unter­la­ge für freie gestal­te­ri­sche Dar­stel­lun­gen mit Lini­en und Far­ben. Die The­men waren Pro­vo­ka­ti­on gegen sie selbst; die Art der Gestal­tung war Unbot­mä­ßig­keit gegen­über Kon­ven­tio­nen. Bald schon wur­de der Unter­grund bedeu­tungs­los, und die Unge­duld, die Far­be in ihrer vol­len Ent­fal­tung sofort sehen zu wol­len und gege­be­nen­falls über­ar­bei­ten zu kön­nen, führ­te sie zur Acryl­far­be. Der Flä­che allein will sie sich aber nicht unter­wer­fen, so lässt sie stets eini­ge Ele­men­te aus der Flä­che her­aus­ra­gen, die oft­mals in sich eine nur ihr bekann­te iro­ni­sche Geschich­te tra­gen. Far­ben, Lini­en, Flä­chen; was kann den Gesichts­sinn mehr ergrei­fen als die­ses Feu­er­werk für das Auge? Wenn ich male, abs­tra­hie­re ich For­men mit geo­me­tri­schen Lini­en und mei­ne Emp­fin­dun­gen ver­füh­ren mich zu Har­mo­nie und Dis­so­nanz der Far­ben“, so ver­sucht sie ihre Arbei­ten zu charakterisieren.

Immer wie­der setzt ein unvor­her­seh­ba­rer Aus­lö­ser wie z. B. ein „hei­ßer Som­mer in Riga“, der „Irak brennt“ oder auch „Red Cat Blues“ bei ihr umfang­rei­che Akti­vi­tä­ten in Gang: Recher­che, Teil­zeich­nun­gen, Fotos, Ent­wür­fe, Gesprä­che. Am Ende die­ser Tätig­kei­ten steht das fer­ti­ge Bild. Dann ist das Erleb­te aber auch schon Geschich­te, abge­hakt, nur noch Erin­ne­rung, zu den Akten gelegt. Sie erzählt, bes­ser ver­ar­bei­tet  in vie­len ihrer Bil­der Ein­drü­cke ihres und ihrer Fami­lie beweg­ten Lebens. Immer wie­der ent­deckt man Neu­es, was gemalt oder als Col­la­ge ein­ge­fügt oder auf­ge­klebt eine Geschich­te erzählt. So von der Ver­trei­bung aus Lett­land, wo ihre Fami­lie her­stammt oder von den Gräu­el­ta­ten der Nazis. Die­se Bil­der sind nicht nur Kunst­wer­ke, son­dern auch Geschich­ten, die sich dem Betrach­ter all­mäh­lich erschlie­ßen und neu­gie­rig wer­den las­sen. Des­halb soll­te sich der Besu­cher für die bewe­gen­den und erzäh­len­den Bil­der Zeit las­sen. Man­che Betrach­ter erin­nern die Bil­der mit ihren Far­ben an rus­si­sche Male­rei. Viel­leicht liegt das dar­an, dass llze Men­ne­king-Soikans einer Künst­ler­fa­mi­lie bal­tisch-rus­si­schen Ursprungs ent­stammt. Schon die Urgroß­mutter stu­dier­te in Peters­burg Male­rei. Deren Toch­ter, Ilzes Groß­mutter, war nach ihrer künst­le­ri­schen Aus­bil­dung in Peters­burg, spä­ter Kunst­er­zie­he­rin in Lett­land. Ilzes Vater, den let­ti­schen Kunst­ma­ler und Gra­phi­ker Juris Soikans ver­schlu­gen die Wir­ren des 2, Welt­krie­ges nach Deutsch­land, wo er lan­ge Jah­re als Maler und Kunst­päd­ago­ge tätig war, bis er 1990 als Pro­fes­sor nach Riga zurückkehrte.

Red Cat BluesDie in Deutsch­land gebo­re­ne und auf­ge­wach­se­ne Künst­le­rin ver­steht sich heu­te als Bin­de­glied zwi­schen deut­scher und ost­eu­ro­päi­scher Kunst; das darf aber nicht poli­tisch ver­stan­den wer­den, son­dern als kul­tu­rel­le Ver­bin­dung in ihr selbst.

Wo soll man die Wer­ke nun ein­ord­nen? Betrach­tet man Far­big­keit und Inhalt, so könn­te man an eine Fort­ent­wick­lung rus­sisch pri­mi­ti­vis­ti­scher Maler den­ken, die am Anfang des 20. Jahr­hun­derts mit ihren Wer­ken der tra­di­tio­nel­len Male­rei in Russ­land wider­spra­chen und die der rus­si­schen Avant­gar­de zuge­rech­net werden.

Die Aus­stel­lung wird am ers­ten Öff­nungs­tag der Sai­son 2015 des Muse­um Elb­in­sel Wil­helms­burg am Sonn­tag, den 12. April um 14:30 Uhr von Dr. Jür­gen Dry­gas und Claus-Peter Rath­jen eröff­net. Die  Aus­stel­lungs­er­öff­nung wird vom Duo Pres­to mit Ele­na Keil – Gesang und Wal­de­mar Keil – Bajan (Das Bajan ist die ost­eu­ro­päi­sche Form des Chro­ma­ti­schen Knopf­ak­kor­de­ons) musi­ka­lisch umrahmt. Der Ein­tritt ist frei. Die Aus­stel­lung ist immer sonn­tags von 14 bis 17 Uhr und zu den Öff­nungs­zei­ten der „Lan­gen Nacht der Muse­en“ am 18. April zu sehen und endet am 31. Mai.

 

 

MUSEUM ELBINSEL WILHELMSBURG E.V.
Kirch­dor­fer Stra­ße 163 – 21109 Ham­burg – Tele­fon 31 18 29 28

Das Muse­um ist regel­mä­ßig von April bis Okto­ber sonn­tags von 14 bis 17 Uhr geöff­net. Für Ver­an­stal­tun­gen gel­ten teil­wei­se ande­re Öff­nungs­zei­ten – sie­he Tages­pres­se, News­let­ter oder Web­sei­te. Füh­run­gen fin­den nach Ver­ein­ba­rung statt.

Sai­son- und Ausstellungseröffnung
Ilze Men­ne­king-Soikans: „Im Arylrausch“

April bis 31. Mai sonn­tags von 14 bis 17 Uhr

Ver­nis­sa­ge am Sonn­tag 12. April um 14:30 Uhr

 

Quel­le: www.museum-elbinsel-wilhelmsburg.de