Flaschensammler-Gerd von der Veddel

Der Veddeler Flaschensammel-Gerd und der Übersee-Club 

Eigent­lich war bei Gerd der Diens­tag (21.02.2017)  für die Ved­de­ler Bür­ger­sprech­stun­de in den AWO-Räu­men vor­ge­se­hen gewe­sen. In den Bür­ger­sprech­stun­den sind sei­ne Bei­trä­ge stets gefürchtet. 
Es kam ja nun doch anders: Gerd hat­te eine Ein­la­dungs­kar­te (mit Bestä­ti­gung) in den Über­see-Club bekom­men;  am Neu­en Jung­fern­stieg 19  um 19:00 Uhr im denk­mal­ge­schütz­ten Amsinck-Palais. 
Für die­je­ni­gen, die in die­sem Metier nicht ganz so bewan­dert sind: Der Über­see-Club wur­de 1922 von dem Ban­kier Max War­burg gegrün­det und war in der Nazi-Zeit ver­bo­ten. Nach dem Krieg 1948 wur­de er neu gegrün­det und gilt heu­te, neben dem Anglo-Ger­man Club, als das ein­fluss­reichs­te Forum für wirt­schaft­li­che und poli­ti­sche Fra­gen und gilt als exklu­si­ver „Gentlemen´s Club“. 

[one_third]Als ich von die­ser Ein­la­dung erfuhr, sag­te ich mir als klei­ner WIP-Redak­teur: Zu die­sem hono­ri­gen Ereig­nis musst du Gerd unbe­dingt beglei­ten. Also tra­fen wir uns an besag­tem Tage um 18:30 Uhr am Als­ter-Pavil­lon und ich mach­te ein paar Fotos bei unse­rem gemein­sa­men Gang zu besag­tem Gebäu­de an der Bin­nen­als­ter. Um ehr­lich zu sein, war ich mir nicht sicher, ob sein Erschei­nen über­haupt erwünscht war. Gerd hat­te sein Äuße­res zwar ganz schön auf­po­liert, wie man auf den Fotos sehen kann, auch hat­te Ilo­na am Tag zuvor noch sei­ne Haa­re gestutzt (das ers­te Mal nach einem Jahr ?), aber ers­tens hat­te Gerd sei­nen Stan­dard-Pro­mil­le-Pegel intus und zwei­tens wuss­te ich, wie er an die­se Ein­la­dung gekom­men war. 
Also, sei­ne frü­he­re Aus­bil­dung als Schlos­ser und Kunst­schmied, sowie sein abge­bro­che­nes Stu­di­um in der Psy­cho­lo­gie und Psych­ia­trie waren nicht das Entree zu die­sem durch­lauch­ten Club. Die Sache war näm­lich ganz anders, wie er mir erzählte:

Gerd war gera­de mit sei­ner aktu­el­len Karie­re-Tätig­keit beschäf­tigt (Pfand­fla­schen-Sam­meln zwecks Basis für den neu­en Flüs­sig-Geist-Erwerb), als ihn eine Dame ob sei­ner aktu­el­len Tätig­keit, sei­nes frü­he­ren und sei­nes spä­te­ren Lebens befrag­te. Nun, Gerd hält ja nie etwas geheim über sich und sein Tun und war somit recht aus­kunfts­freu­dig. [/one_third]

[one_third]Gerd muss die Dame (Frau Dr. med. XYZ, wohn­haft an der Elb­chaus­see) durch sein Erzäh­len und sein nicht zu unter­schät­zen­des pro­fun­des Wis­sen so beein­druckt haben, dass sie der Mei­nung war, er müs­se mal auf ande­re Gedan­ken kom­men. Und da wäre eine Ein­la­dung in den Über­see-Club gera­de rich­tig für ihn. Viel­leicht hat­te sich auch im Hin­ter­stüb­chen, die sozia­le Beschaf­fen­heit des Clubs ein­mal tes­ten zu wol­len. Wir wer­den es wohl nie erfahren. 

Wäh­rend unse­ren gemein­sa­men Gan­ges zum Amsinck-Palais mit Foto-Shoo­ting wäre mir Gerd bei­na­he unter die Räder gekom­men, da er der Mei­nung war, der Stra­ßen­ver­kehr hät­te sich nach ihm zu rich­ten und nicht umgekehrt. 

Der Ein­tritt in das Foy­er des Amsinck-Palais lief zu mei­nem Erstau­nen wie geschmiert: Sei­ne Ein­tritts­kar­te wur­de begut­ach­tet und für kor­rekt emp­fun­den und beim Ent­le­di­gen von Gerds hel­len Staub­man­tels, half ihm der Gar­de­ro­bier, der, nach mei­nem Anra­ten, auch den nicht ganz fle­cken­frei­en  Aldi-Beu­tel in Emp­fang nahm. Den woll­te Gerd ja eigent­lich mit in den Vor­trags-Saal neh­men. Gut, der Aldi-Beu­tel war weg, die Taschen des Anzu­ges wur­den mit den not­wen­di­gen Uten­si­li­en gestopft, aber die Schif­fer­müt­ze blieb wo sie war. Nach Ilo­nas Haar­schnitt hät­te er sich ja auch sonst erkäl­ten können.[/one_third]

[one_third_last]Ich ver­ab­schie­de­te mich bei Gerds Ein­tritt in die hei­ligs­ten Gemä­cher von ihm und wünsch­te ihm einen schö­nen Abend; denn Foto- und Film­auf­nah­men sind abso­lut ver­bo­ten bei der Anzahl der hono­ri­gen Gäste. 

Natür­lich war ich fix neu­gie­rig auf den wei­te­ren Ver­lauf des Abends. Der ver­lief, wie mir Gerd in einem Tele­fo­nat erklär­te, zu sei­ner volls­ten Zufrie­den­heit: Der 1 1/2- stün­di­ge Vor­trag han­del­te von den Fort­schrit­ten in der Nano-Tech­no­lo­gie. Hier rüber konn­te Gerd sich aus­tau­schen mit sei­nen Gesprächs­part­nern (z.B. den Forst­mi­nis­ter von Meck­pomm, oder dem Chef­chir­ur­gen vom UKE usw.) Da Gerd sehr bele­sen ist, konn­te er vie­le Sach­fra­gen beant­wor­ten, was ihn natür­lich mit Stolz erfüll­te. Bei der Fra­ge nach sei­nem Beruf befrie­dig­te er sei­ne Gesprächs­part­ner mit der Aus­sa­ge „Er sei Dok­tor der Psychiatrie“. 
Auch das abend­li­che Diner war nicht von schlech­ten Eltern mit geschmor­ter Rin­der-Schul­ter und der Nach­spei­se Top­fen-Vanil­le mit mari­nier­tem Apfel und Vanille-Eis.

Bei der Geträn­ke-Aus­wahl zwi­schen Sel­ters­was­ser, Rot- oder Weiß­wein hat es Gerd bis Mit­ter­nacht mit dem Roten ausgehalten.[/one_third_last]

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[one_third_last]butch[/one_third_last]

Ich muss schon sagen, Ham­burgs High Socie­ty mit sei­nen pri­vi­le­gier­ten Gast­häu­sern kann doch nett und tole­rant sein. Chapeau!