Das Stadtteilfestival.
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Vom 8.–10. Juni war es mal wieder soweit. Das Netzwerk Musik von den Elbinseln präsentierte zum neunten Mal das 48h Wilhelmsburg Festival, mit Musiker*Innen, die in jeder Ecke der Elbinseln leben und proben. Auch dieses Jahr war ich als WIP Reporterin das ganze Wochenende mit von der Partie und habe einige der 61 Orte besucht, habe Hörproben von vielen der 163 Showacts genommen und wie die Jahre zuvor ein buntes und ausgelassenes Elbinsel-Wochenende erlebt. Aber lest selbst:
Puh, das 48h 2018 musste ich erstmal eine Woche sacken lassen, bevor ich dazu gekommen bin, euch meine Erlebnisse hier aufzuschreiben. So viel Schönes gab es wieder zu hören, sehen und zu entdecken.
Den Auftakt musste ich dieses Jahr leider verpassen, da ich mich im Nachbar-Quartier herumgetrieben habe. Denn auch in Rothenburgsort war einiges los und so begann mein Wochenende erst einmal im Kraftwerk Bille, wo ich mir im Rahmen der Off Triennale die Vernissage der Ausstellung Sightseeing the Real angeschaut habe. 11 in Hamburg ansässige Fotograf*Innen haben für ihre Gruppenausstellung Orte in Hamburg fotografiert, die auf den ersten Blick gewöhnlich erscheinen mögen, denen sie sich jedoch auf unterschiedlichste Weise genähert haben. Dabei herausgekommen sind viele tolle Werke, die in den großen Hallen des Kraftwerks mit den rustikalen Backsteinwänden besonders gut zur Geltung kamen. Die Location bot mit ihrer spektakulären Beleuchtung genau das richtige Umfeld, um ganz in Kunstkenner-Manier umherzuwandeln und ein Wochenende voller Kultur einzuläuten.
Von dort aus zog es mich am späteren Abend in die Nähe des Dockville Geländes. Denn hier am Reiherstiegknie, ein bisschen außerhalb es Wohnviertels, hatte sich die Kupola Obscura niedergelassen, um Feierwütige auch noch weit über die Spielzeiten der anderen Bühnen hinaus mit elektronischer Musik zu beschallen.
In dem Kuppelzelt aus Bambus gab es die ganze Nacht Techno, Dub und Drum’n’Bass zu hören, straight from W’burg underground to your heart. Wie die Crew ihren Stil selbst beschreibt. Dazu noch ein Haufen guter Freunde und mein Freitagabend war perfekt.
Kein Wunder also, dass es bis Samstag Nachmittag gedauert hat, bis ich mich wieder bereit fühlte, einen Fuß ins Viertel zu setzen. Dort angekommen, habe ich mich daran erinnert, wo es denn letztes Jahr nochmal die verdammt leckeren Caiprinhas gab und spazierte auf direktem Weg ins Pakalolo in die Fährstraße, wo ich nicht nur mit Cocktails sondern auch mit einem Straßenkonzert in Empfang genommen wurde.
Das New Jazz Trio pszn zog dort mit seinen Instrumentalsongs so viele Schaulustige vor den kleinen Laden, dass bald viele Festivalbesucher*Innen auf der anderen Straßenseite stehen mussten, um ihnen zu lauschen. Dass die Jungs nebenbei noch in allerlei Funk und Hip Hop Gruppen ihre Finger im Spiel haben, hört man bisweilen auch ihren Jazz Stücken an – und das ergibt einen ziemlich guten Sound.
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Als sich dann langsam der Hunger meldet, war ich froh, dass sich direkt eine Ecke weiter der Biergarten des Café Pianola befindet. Dort locken Grillwurst und Schlager zwar überwiegend älteres Publikum, doch ich als eingefleischter Heinz Strunk Fan weiß natürlich um den Unterhaltungsfaktor von Top 40 Bands und durfte mir den Auftritt der Dandys daher auf keinen Fall entgehen lassen. Und dann in Kombination mit gutbürgerlichem Essen – voll mein Ding. Die beiden Bandmitglieder der Generation Gold verbreiteten mit Saxophon und Synthesizer dann tatsächlich eine derart gute Stimmung, dass ich fast von meinen Feuerkartoffeln zum Discofox aufgestanden wäre, um unter den pinken Sonnenschirmen eine flotte Sohle auf Parkett zu legen. Doch die komplette Euphorie überließ ich dann doch lieber dem Grillmeister des Restaurants, der in regelmäßigen Abständen von seinem heißen Arbeitsplatz in die erste Reihe ausgerissen ist, um die Hits der Tanzmusiker lautstark zu bejubeln. Beim 48h ist eben für alle was dabei.
Durch den Sanitaspark, der an jenem Tag von dem Trigga Happy Sound bei Turn Up Wilhelmsburg, mit dem feinsten Mix von Dancehall, Hip Hop und Afrobeats versorgt wurde, ging es weiter zur Honigfabrik. Denn hier war mit Marcus Wiebusch and Friends ein Songwriter angekündigt, dessen Musik mich jetzt schon seit vielen Jahren begeistert.
Dass der auf der Veddel aufgewachsene Wiebusch tatsächlich nicht alleine in die alte Heimat gekommen war, bemerkte man schnell, als Fortuna Ehrenfeld das Konzert eröffnet und mich mit ihrer Popmusik für Erwachsene perfekt auf das Folgende einstimmt. Denn auch ich bin vielleicht ein Stück erwachsener geworden, seit ich meine alte Herzensband Kettcar das letzte Mal live gesehen habe. Umso glücklicher war ich, als die komplette Band für einige Songs die Bühne betrat, um mich mit den Hits der ersten Alben, wie Deiche oder Landungsbrücken raus, nostalgisch werden zu lassen. Als Marcus Wiebusch dann feststellt, dass 48 Stunden allen aber nicht uns genügen können, singen mehrere Hundert Stimmen mit und mir wird einmal mehr bewusst, dass das ein echtes Festival ist, was da jedes Jahr um unsere Wohnungen herum einfach so passiert. Ich bin wieder einmal sehr froh, in einer so tollen Nachbarschaft zu leben, in der solche Momente für alle geschaffen werden, ohne Eintritt dafür zu nehmen oder irgendjemanden auszuschließen und wandere weiter zum Kanalufer.
Denn dort auf dem Archipel, dem schwimmenden Raum direkt neben dem Turtur, konnte ich mir Dank guter alter Nachbarschaftsbeziehungen einen Logenplatz auf einer anliegenden Barkasse ergattern und den Sonnenuntergang von Live Musik begleiten lassen. Einen letzten Feierabend-Drink gab es dann noch bei der spontanen Party in der Fährstraße, geschmissen von der rollenden Bar des Vereins für mobile Machenschaften. Diese hatte die Landratten schon den ganzen Tag mit Schnapskreationen aus Reagenzgläsern versorgt, wenn sie nicht seefest genug für einen Törn auf dem dazugehörigen Floß, der Schaluppe, waren.
Den Sonntag nutzte ich dann für einen kulinarischen Spaziergang durch das Viertel, wo ich das Wochenende bei belgischen Waffeln und Sushi Burritos zu den Klängen der Akustikgitarre von Colin Colgate Revue passieren ließ und beim Fotos durchsehen abschließend feststellte: Diese Elbinseln sind schon ein verdammt schönes Fleckchen Hamburg!
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