Altenatives Wohnen in Wilhelmsburg

1. Hausgemeinschaft im Open House

„Es ist so schön, dem Klei­nen beim Krab­beln im Gar­ten zuzu­schau­en. Er hat gera­de damit ange­fan­gen und macht jeden Tag Fort­schrit­te“, erklärt mir Julia­ne Cha­krab­ar­ti. Sie ist als eine der Ers­ten in der Doro­thea-Gart­mann-Stra­ße ein­ge­zo­gen und gehör­te zu den Initia­to­rin­nen die­ses Wohnprojekts

[one_half]Angefangen hat alles bereits 2004, da arbei­te­te Julia­ne in Wil­helms­burg und lei­te­te eine Arbeits­grup­pe der Zukunfts­kon­fe­renz Wil­helms­burg. Dort traf sie Gleich­ge­sinn­te, die alle irgend­wie die Idee vom gemein­sa­men Woh­nen hat­ten. Es gab vie­le Tref­fen, Dis­kus­sio­nen und Work­shops. Ein Grund­stück war auch schnell gefun­den, näm­lich die Indus­trie­bra­che am Vogel­hüt­ten­deich, wo frpher das Auto­haus Raf­fay sei­nen Sitz hat­te. Doch bis zum Bau­be­ginn ver­ging noch jede Men­ge Zeit. Erst fehl­ten die Beschei­ni­gun­gen des Kampf­mit­tel­räum­diens­tes und über den Boden­aus­tausch des kon­ta­mi­nier­ten Gelän­des. Dann wur­den ros­ti­ge Fäs­ser gefun­den und zwi­schen­zeit­lich war das Grund­stück für Bau­ar­bei­ten am Vogelhüttendeich unter­ver­mie­tet. Es ging ein­fach nicht vor­an. Inzwi­schen gab es einen Archi­tek­tur­wett­be­werb, und die Preis­trä­ger hat­ten ganz eige­ne Vor­stel­lun­gen von der Anla­ge und dem Zuschnitt der ein­zel­nen Wohn­ein­hei­ten. Da es sich um ein genos­sen­schaft­li­ches Bau­pro­jekt mit öffent­li­cher För­de­rung han­del­te, muss­ten jedoch bestimm­te Rah­men­be­din­gun­gen wie die Grö­ße [/one_half]

[one_half_last]der Woh­nun­gen und der Bau­preis, strikt ein­ge­hal­ten wer­den. Auch hat­ten die zukünf­ti­gen Mie­ter ihre eige­nen Vor­stel­lun­gen. Um die­se Pro­ble­me zu lösen, gab es Work­shops und Arbeits­grup­pen. Unter­stützt wur­de die Bau­ge­mein­schaft von einem Bau­be­treu­er und der Bau­ge­nos­sen­schaft Schan­ze. Und natür­lich soll­te das Haus in Pas­siv­bau­wei­se ent­ste­hen. Das hät­te jedoch den finan­zi­el­len Rah­men gesprengt. Da kam ein Zuschuss der IBA für ener­ge­ti­sches Bau­en genau zur rich­ti­gen Zeit, um den Bau­preis inklu­si­ve Grund­stück und die Mie­te in einem ver­träg­li­chen Rah­men zu halten.[/one_half_last]

 

Pro­ble­me berei­te­ten eini­gen die Genos­sen­schafts­an­tei­le von 207 Euro pro Quadratmeter.

[one_half]
Doch auch dafür wur­de mit Leih­ge­mein­schaf­ten eine cle­ve­re Lösung gefun­den. Und Ende Janu­ar 2012 konn­ten end­lich die ers­ten Mie­ter ein­zie­hen. Zu ihnen gehör­te auch Julia­ne, die in ihre Woh­nung mit ihrer Mut­ter, ihrer Toch­ter und ihrer Enke­lin ein­zog. Und hier will Julia­ne auch bis ins hohe Alter woh­nen blei­ben, denn alles ist alten- und behin­der­ten­ge­recht ange­legt. Zehn Jah­re nach Beginn des Pro­jek­tes haben sich die Bewoh­ner zusam­men­ge­rauft und sind inzwi­schen Freun­de und Ver­trau­te gewor­den. Zwei Mal im Monat gibt es ein Ple­num und alles wird im Kon­sens beschlos­sen, ob Neben­kos­ten­ab­rech­nung, Put­zen, Rasen­mä­hen oder Ein­kau­fen für die Gemein­schafts­kü­che. Es wird gestrit­ten, heiß dis­ku­tiert und debat­tiert, bis am Ende eine ein­ver­nehm­li­che Lösung gefun­den wird, die alle mit­tra­gen kön­nen. Das kann schon mal vier Stun­den dau­ern, wie bei der Neu­ver­mie­tung einer gekün­dig­ten Woh­nung. Die Gemein­schafts­räu­me, wie die Küche und die Les­ega­le­rie, wer­den über den haus­ei­ge­nen Geträn­ke­ver­kauf und Fes­te oder auch die Teil­nah­me an 48h finan­ziert. [/one_half]

[one_half_last]Alle Bewoh­ner füh­len sich in Wil­helms­burg ange­kom­men und ange­nom­men. Sie haben Kon­tak­te zu ihren Nach­barn und Micha­el, ein pen­sio­nier­ter Leh­rer, bezau­bert die Kin­der der Umge­bung mit sei­ner Les­ega­le­rie. Und die Vor­tei­le, hier zu woh­nen, zählt Julia­ne mit einem Lächeln auf: „Man ist nie allein, wir woh­nen inner­städ­tisch und mul­ti­kul­tu­rell im Grü­nen und am Was­ser, und das in einem Pas­siv­haus mit offe­ner Archi­tek­tur. Und dann ist da ja auch noch der gemein­sa­me Gar­ten, den beson­ders die vie­len Kin­der des Hau­ses und der Nach­bar­schaft zu schät­zen wis­sen. Und in die­sem Gar­ten haben die bun­ten Pflan­zen­kis­ten der igs eine neue Hei­mat gefun­den und beher­ber­gen Blu­men und Erd­bee­ren, die beson­ders bei den Lütten beliebt sind.“ Und wer mehr über die Bewoh­ner und ihre Ideen erfah­ren möch­te, ist herz­lich zum Som­mer­fest am 30.8. ab 14.00 Uhr ein­ge­la­den. Es wird gegrillt, es gibt Sala­te, Kuchen, Geträn­ke, Spie­le für Kin­der und Musik.[/one_half_last]

 


Info: Doro­thea Gart­mann (1891 – 1961) war eine Wil­helms­bur­ger Künstlerin, die 46 Jah­re in der Vering­stra­ße wohn­te. Nach ihrer Schei­dung ernähr­te sie ihre Fami­lie mit ihren far­ben­fro­hen Gemäl­den und Stillleben.