Eine Kirche, die keine Kirche ist

Die Ved­de­ler Imma­nuel­kir­che in der heu­ti­gen Zeit

Das Jahr 2014 war sehr ereig­nis­reich für die Ved­del und deren Bewoh­ner. Das Pas­to­rat der Imma­nuel­kir­che wur­de auf­ge­löst und in eine Dia­ko­nie umge­wan­delt. Im Okto­ber 2014 fand die Akti­on „New Ham­burg“ statt, die vom Ham­bur­ger Schau­spiel­haus unni­tiert war. Die „Macher“ die­ser Akti­on um Björn Bicker her­um (aus dem Münch­ner Raum stam­mend) hat­ten ein umfang­rei­ches Pro­gramm auf die Bei­ne gestellt, wel­ches Thea­ter, Musik, Film, Sport, Fes­ti­vi­tä­ten, inter­re­li­giö­se Bei­trä­ge und vie­les mehr bot. Nicht zu ver­ges­sen die mehr als 1‑jährige Vor­be­rei­tungs­zeit mit Künst­lern und Ved­de­ler Anwohnern.

Jetzt nach einem Jahr fin­de ich es inter­es­sant, ein­mal nach­zu­ha­ken, wie sich die gan­zen Aktio­nen „nach­hal­tig“ auf die Ved­del und ihre Bewoh­ner aus­ge­wirkt haben. Da fiel mir kei­ne pas­sen­de­re Per­son als Gesprächs­part­ne­rin ein als Uschi Hoff­mann, der neu­en Dia­ko­nin des Ved­de­ler Kirchenkreises.

Portrait_Uschi_HoffmannWie das so ist, wenn man kei­ne Ahnung hat, tre­te ich voll ins Fett­näpf­chen, als ich ihr gegen­über am Anfang unse­res Inter­views mei­ne: „Für mich war eine Dia­ko­nin bis­her immer eine betag­te Dame in schwarz/weiß und nach Mög­lich­keit mit einem Häub­chen auf dem Kopf. Bei Dir, Uschi, ist alles ganz anders. Du bist eine moder­ne jun­ge Frau und bist mit den Ved­de­lern, und nicht nur mit denen, per Du“.

Na, da wur­de ich erst ein­mal eines Bes­se­ren belehrt; dass näm­lich der Dia­kon (und seit ca. 1970 auch die Dia­ko­nin) übli­cher­wei­se die Ver­bin­dung zwi­schen Seel­sor­ge (Pas­tor) und sozia­ler Tätig­keit (Armen­hil­fe, Kran­ken­pfle­ge usw.) ist. Die Dia­ko­nis­si­nen (man kann sie als evan­ge­li­sche Non­nen betrach­ten) sind sog. Ver­bands­schwes­tern, die in Schwes­ter­ge­mein­schaf­ten leben, ihre Tracht tra­gen und nicht ver­hei­ra­tet sein dürfen.

Der Dia­kon bzw. die Dia­ko­nin tra­gen natür­lich kei­ne Tracht und es ist üblich, dass sie ver­hei­ra­tet sind.

Und das Pas­to­rat sei nicht auf­ge­ge­ben wor­den, um die kost­spie­li­ge Kir­che los­zu­wer­den. Das Pas­to­rat mit dem letz­ten Pas­tor Ulfert Sterz bestand nur aus einer hal­ben Pas­to­ren­stel­le (man­gels Schäf­lein) und erscheint jetzt in den Büchern der Nord­el­bi­schen Kir­che nur als Vier­te-Stel­le. Das Pas­to­rat sei jetzt eine freie Woh­nung für die Diakonin.

Die seel­sor­ge­ri­sche Auf­ga­be der Vier­tel-Stel­le über­nimmt daher die Rothen­burgsor­ter Pas­to­rin Cor­ne­lia Blum von der St. Tho­mas Kirche.

Und somit schließt sich seel­sor­ge­risch der Kreis: Muss­ten die Ved­de­ler vor dem Bau der alten Imma­nuel­kir­che zum Got­tes­dienst nach Rothen­burgsort gehen (also vor 1905), so ist heu­te wie­der die Kir­che in Rothen­burgsort für die Ved­de­ler Seel­sor­ge zuständig.

Auf mei­ne Fra­ge, ob die Aktio­nen und Ver­an­stal­tun­gen um die Ved­de­ler Kir­che her­um an Deut­lich­kei­ten seit letz­tem Jahr zuge­nom­men haben, meint Uschi Hoff­mann, dass es zwar die Klei­der­kam­mer, die Tafel, das Erzähl­kaf­fee und die Grund­ver­sor­gung für die Gemein­de schon gab, dass aber die geöff­ne­ten Ange­bo­te kul­tu­rel­ler Ver­an­stal­tun­gen jetzt natür­lich groß sei­en, was nicht ganz gewöhn­lich sei für eine Diakonie.

Beim Durch­zäh­len der Aktio­nen, die ich auf dem Fly­er „Kir­che auf der Ved­del“ ent­de­cke, kom­me ich auf 16 unter­schied­li­che Veranstaltungen.Kirche_Eingang

Ich hat­te die Imma­nuel­kir­che nach lan­ger Zeit im Sep­tem­ber 2014 wie­der gese­hen, nach­dem ich von der Akti­on „New Ham­burg“ erfah­ren hat­te. Der Anblick war schon ein wenig befrem­dend durch die Tat­sa­che, dass das Kir­chen­ge­stühl ent­fernt und statt des übli­chen Stein­fuß­bo­dens der Raum mit Tep­pich­wa­re aus­ge­legt war. Hand­wer­ker des Ham­bur­ger Schau­spiel­hau­ses waren damit beschäf­tigt, eine über­di­men­sio­nal gro­ße Kron­leuch­ter-mäßi­ge Decken­be­leuch­tung zu instal­lie­ren, Wän­de wur­den ver­tä­felt und Laut­spre­cher instal­liert. Begeh­ba­re Boxen zum Thea­ter-Spie­len wur­den auf­ge­stellt, Sitz-Wür­fel und Hirsch­ge­wei­he auf dem Boden drapiert.

Für mich war klar: Die Imma­nu­el-Kir­che ist ent­weiht (ent­wip­net ?) wor­den, um die zukünf­ti­gen „New Hamburg“-Aktionen durch­füh­ren zu können.

Auch hier muss­te mir Uschi Hoff­man wider­spre­chen: „Die Imma­nuel­kir­che ist nach wie vor ein Got­tes­haus, in dem Got­tes­diens­te abge­hal­ten wer­den; nur dass die­se nicht die Fül­le auf­wei­sen wie nor­ma­le Got­tes­häu­ser. Bereits Ulfert Sterz , letz­ter Pas­tor (zur Anstel­lung) war über­zeugt, dass eine Dia­ko­nie (mit Schwer­punkt sozia­le Auf­ga­ben) bes­ser zur Ved­del passe.

Außer­dem habe ich es begrüßt, als es hieß: die Kir­chen­bän­ke wer­den ent­fernt. So las­sen sich doch viel bes­ser die gan­zen Akti­vi­tä­ten in der Imma­nuel­kir­che rea­li­sie­ren ohne stö­ren­des fes­tes Gestühl.

Ist Got­tes­dienst ange­sagt, kön­nen Per­so­nen­an­zahl-mäßig die Ein­zel-Stüh­le genutzt wer­den und wenn es sinn­voll erscheint auch in Kreisform“.

 

WIP: Wenn man sich Euren Fly­er „Kir­che auf der Ved­del“ anschaut, ist man über­rascht, was neben dem Kirch­li­chem alles an Kul­tu­rel­lem, Sozia­lem, Kuli­na­ri­schem, Musi­schem, Spie­le­ri­schem und Tän­ze­ri­schem ange­bo­ten wird. Wie­viel Fest­an­ge­stell­te bzw. Frei­wil­li­ge schaf­fen an der Durch­füh­rung die­ser gan­zen Aktivitäten?

Uschi Hoff­mann: Fest­an­ge­stellt neben mei­ner Per­son sind nur 3 Per­so­nen, die aber nicht Voll­zeit­kräf­te sind. Es gibt dar­über hin­aus aber eine gan­ze Men­ge ehren­amt­li­che Hel­fer, ohne die es gar nicht funk­tio­nie­ren wür­de. Eini­ge von ihnen arbei­ten ganz aut­ark, d. h. ich rede ihnen nicht in ihr Kon­zept rein, son­dern sehe mich nur als Beob­ach­ter. Und bis­her klappt alles prima.

WIP: In Eurem neu­es­ten Fly­er schreibst Du „….im Juni hat­ten wir ein schö­nes Wochenende

„NEW HAMBURG – ES GEHT WEITER“

Von den Aktio­nen, die heu­te in der Imma­nuel­kir­che ange­bo­ten wer­den, wel­che hat­ten schon vor „New Ham­burg“ bestand und wel­che sind auf­grund von „New Ham­burg“ dazu gekommen?

Uschi Hoff­mann: Also, wir hat­ten schon vor „New Ham­burg“ eine Men­ge Aktio­nen ange­sto­ßen, aber unser „Cafe Nova“ im Gemein­de­saal ist erst durch „New Ham­burg“ rea­li­siert worden.

Das „New Ham­burg Com­mit­te“, bestehend aus Ved­de­lern, Künst­lern und Musi­kern, die letz­tes Jahr schon dabei waren und die set­zen nun eini­ge Aktio­nen fort.

WIP: Nun zu etwas Brand­ak­tu­el­lem: Unter der Last der Flücht­lin­ge haben vie­le Ham­bur­ger Stadt­tei­le zu lei­den. Wie steht es mit der Veddel.

Uschi Hoff­mann: Wir haben kei­ne „Erst­auf­nah­men“. Das könn­te die Ved­del nicht ver­kraf­ten. Aber wir haben durch „Fol­ge­ein­rich­tungs­maß­nah­men“ bereits Flücht­lin­ge aus Syri­en in unse­ren Wohn­blocks „An der Hafen­bahn“ unter­brin­gen können.

Mei­ne letz­te Fra­ge gilt dem Schul­land­heim in Holm­sep­pen­sen, dass von dem ers­ten Ved­de­ler Pas­tor Paul Ebert ins Leben geru­fen und in das Kin­der über die Kir­che ver­schickt wur­den; ob es denn noch exis­tie­re? Nein, mein­te Uschi Hoff­mann, aber das Grund­stück gehö­re noch der Kirche.

WIP wünscht der neu­en Dia­ko­nin wei­ter­hin viel Erfolg bei den vie­len Pro­jek­ten und wünscht ihr und den vie­len ehren­amt­li­chen Mit­strei­tern alles Gute und viel Spaß bei ihrer Tätigkeit.