Interview mit dem Schriftsteller Finn Ole Heinrich

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2007 sorg­te der Autor mit sei­nem Roman „Räu­ber­hän­de“ für Furo­re. Inzwi­schen hat er sei­ne Mau­li­na-Rei­he been­det und vie­le Lite­ra­tur­prei­se eingeheimst,
zuletzt das Tüd­del­band beim Har­bour Front Festival.

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WIP: Vor einem Jahr hast du drei aus­ver­kauf­te Lesun­gen im RIALTO gehal­ten, wel­che Erin­ne­run­gen hast du dar­an? Finn Ole Hein­rich: Schul­le­sun­gen sind eigent­lich ste­ril und lang­wei­lig, aber im RIALTO herrsch­te eine ande­re Atmo­sphä­re. Das war ein­fach sym­pa­thisch. Und die Schüler muss­ten nach Wil­helms­burg kom­men und lern­ten so auch gleich­zei­tig den Stadtteil
ken­nen. Für mich war das RIALTO ein sozia­les Pro­jekt, das einen inte­gra­ti­ven Cha­rak­ter hat­te und vie­le ver­schie­de­ne Men­schen zusam­men­ge­bracht hat.

WIP: Nun ist dein Buch „Räu­ber­hän­de“ seit zwei Jah­ren Abitur-Lek­tü­re Prü­fungs­the­ma. Wie fühlt sich das an? Finn Ole Hein­rich: Absurd, verrückt, geil, span­nend. Vie­le Schüler äußern sich auch begeis­tert, end­lich kei­nen Klas­si­ker lesen zu müssen, son­dern über einen leben­den Autor und sein Werk die Prüfung abzu­le­gen. Vie­le stel­len mir auch nach den Lesun­gen Fra­gen, war­um ich was wie geschrie­ben habe, und was der blaue Vor­hang bedeu­tet. Aber ich bin ja nur der Autor und kein Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­ler. Ich wür­de für die Abi-Arbeit über „Räu­ber­hän­de“ wahr­schein­lich eine Vier bekommen.

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WIP: Du hast ja von 2008 bis 2014 auf der Insel gewohnt, wie war das für dich? Finn Ole Hein­rich: Wil­helms­burg hat eine bestimm­te Atmo­sphä­re, die ich sehr gern mag. Es ist schmud­de­lig, ehr­lich, nicht cool, nicht schick, aber es gibt (gab) bezahl­ba­ren Wohn­raum. Und als Künstler ohne fes­tes Ein­kom­men war das für mich wich­tig. Inzwi­schen woh­ne ich in einer 10er-WG mit mei­nen Stu­di­en­freun­den in Neu­en­gam­me. Wir brauch­ten halt alle ein­fach mehr Platz.

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WIP: Du schreibst nicht die net­ten kusche­li­gen Kin­der- und Jugend­bü­cher, son­dern schreibst über Tren­nun­gen, Erschuü­te­run­gen, tief grei­fen­de Ver­än­de­run­gen. Wie war dei­ne Kind­heit? Finn Ole Hein­rich: Mei­ne Kind­heit war sehr schön. Ich wuchs mit 5 Geschwis­tern auf und obwohl sich mei­ne Eltern getrennt haben, als ich noch sehr jung war, hat­te ich tol­le Eltern und eine gute Zeit in Cux­ha­ven. Es gab schreck­li­che Win­ter und schö­ne Sommer.

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WIP: Und woher nimmst du dei­ne Ideen? Finn Ole Hein­rich: Ich möch­te wis­sen, wie sich Kin­der und Jugend­li­che in die­ser Welt zurecht­fin­den. Dabei kann es auch um hef­ti­ge Fra­gen, näm­lich Fra­gen des Lebens gehen. Das muss ich nicht selbst erlebt haben, aber manch­mal pas­sie­ren halt kras­se Sachen, die ein Leben auf den Kopf stel­len. In Mau­li­na geht es ja um ein Mäd­chen, für das sich alles ver­än­dert, als ihre Mut­ter schwer erkrankt, der Vater sich von der Fami­lie trennt und Mau­li­na mit ihrer Mut­ter umzie­hen muss. Die Idee dazu kam mir auf dem Schul­weg in Cux­ha­ven. Dort sah ich öfter ein Mäd­chen, des­sen Mut­ter im Roll­stuhl saß, die mit­lei­di­gen Bli­cke und die Fra­gen. Und ich stell­te mir vor, wie das ist, wenn ein Kind Ver­ant­wor­tung über­neh­men muss und sich sei­ne Welt kom­plett ändert.

WIP: Kannst du von der Kunst leben? Finn Ole Hein­rich: Ich habe kei­ne Fami­lie, kei­nen Luxus, kei­nen Füh­rer­schein und kein Auto. Bis vor kur­zem besaß ich nicht mal ein Han­dy. Ich lebe in einer WG. Das alles macht mich frei in mei­nen Ent­schei­dun­gen und zur­zeit läuft es echt gut. „Räu­ber­hän­de“ ist Abi-Lek­tü­re und ich habe vie­le Prei­se und Sti­pen­di­en gewon­nen. Ich füh­le mich geküsst vom Glück.

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Foto @ Denise Henning

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WIP: Wel­che Plä­ne hast du nach dem Abschluss der Mau­li­na-Rei­he? Finn Ole Hein­rich: Die Rei­he ist been­det, aber es geht wei­ter mit einem Mau­li­na-Thea­ter­stück, Lesun­gen und Filman­fra­gen. Ich arbei­te an einem Dreh­buch, einem Kin­der­buch und ange­lehnt an den Kin­der­film Reu­ber wer­de ich eine alter­na­ti­ve Geschich­te schrei­ben. Ja, und ein Buch für Erwach­se­ne ist auch in Pla­nung. Und Urlaub, ger­ne ein hal­bes Jahr auf einem Bauernhof.

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WIP: Zum Abschluss noch eine Fra­ge an den Kin­der­buch-Autor, was kön­nen Gro­ße von Klei­nen ler­nen? Finn Ole Hein­rich: Ich habe viel Kon­takt zu Kin­dern. Seit kur­zem bin ich Onkel, Ras­mus ist 14 Wochen alt, in mei­ner WG wohnt Fie­te, der ist 7 Mona­te alt und mei­ne jüngs­te Schwes­ter ist 3 Jah­re alt. Ich glau­be, Kin­der haben Ver­ständ­nis für schwie­ri­ge Situa­tio­nen, man muss ihnen nur Raum schaf­fen für Neu­gier­de, Stau­nen und Hoff­nung. Kin­der haben ande­re Koor­di­na­ten und die Gro­ßen müs­sen ihr eige­nes Leben dazu ins Ver­hält­nis set­zen. Und ansons­ten bin ich mor­gens immer glück­lich, wenn mich Fie­te in der WG-Küche mit sei­nem Lächeln begrüßt. Für mich sind Kin­der Sei­fen­spen­der für Glück.

WIP: Vie­len Dank für die­ses Gespräch und viel Erfolg wei­ter­hin und auf Wie­der­se­hen in Wilhelmsburg!

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