Foto@Weltkapelle- Jo Larsson
Die „Weltkapelle Wilhelmsburg“ war Gast im Cafè Nova der Veddeler Immanuelkirche mit ihrem Projekt „Musik von den Elbinseln“.
Was wurde dargeboten?
Zum einen die Aufführung eines Chores mit geflüchteten und einheimischen Frauen, die für den besagten Abend gemeinsam in kurzer Zeit arabisches und deutsches Liedgut einstudiert hatten. Dementsprechend war die Nervosität und Anspannung zu Beginn natürlich groß, zumal man mit dem arabischen Lied „Kenwidhi“ begonnen hatte. Der tosende Beifall jedoch des reichlich erschienenen Publikums nach dem ersten Stück, brachte ein Strahlen in die Gesichter der Chormitglieder und verdrängte somit die große Anspannung. Man konnte mehrere Steine zu Boden plumpsen hören.
Das anschließende deutsche Lied „Brot und Rosen“ war dann ja wohl ein Selbstgänger, was vom Publikum mit stehenden Ovationen belohnt wurde.
Die Idee zu diesem Projekt stammt von Katja Scheer, der Projektleiterin der „Weltkapelle Wilhelmsburg“. In Kürze soll es noch ein Song-Textbuch geben, in dem Interviews mit den Musikern und Sängerinnen und ihren Liedern in Deutsch, Türkisch, Englisch, Arabisch und Persisch nachzulesen sein wird.
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Katja Scheer: „Der Chor ist als ein Teil des gesamten Weltkapellen-Projektes entstanden und von uns initiiert. Die Idee entwickelte sich in unserem Team, vor allem durch die Kollegin Filiz Gülsular, aber z.B. auch nach Gesprächen mit der Sängerin Nejla Jedidi, die schon seit langem zu den Weltkapellen Sessions kommt. Der Bedarf, zusätzlich zu den Sessions einen Frauenchor zu machen, wurde gesehen und die Idee dann geboren. Glücklicherweise konnten wir das durch verschiedene Förderungen auch realisieren.“
Apropos Musiker: Nach dem Frauenchor spielte die international durchmischte Band „Weltkapelle“ auf. Die Mitglieder treffen sich regelmäßig zweimal im Monat in der wunderschön restaurierten Wilhelmsburger „Kapelle im Inselpark“. Wie dort als auch hier bei der Veranstaltung war es wieder der Bandleader Ulrich KodjO Wendt (der mit dem Akkordeon), welcher die Reihenfolge der einzelnen Solis durch dezentes Kopfnicken in Richtung des gewählten Musik-Solisten zu dirigieren wußte. Natürlich ging das Publikum wieder voll mit und spendete nach jedem Stück tosenden Applaus!
Katja Scheer: „Ziemlich schnell sind wir als Band angefragt worden. Wir freuen uns riesig, dass es uns schon so lange gibt, es mittlerweile einen festen Freundes-Kreis von Musiker*innen gibt, die bei der Kapelle mitmachen. Das wollten wir feiern, uns feiern und zeigen, welch umfangreiches Repertoire es in der Weltkapelle gibt.“
WIP: Warum wurde als Location das Cafè Nova der Immanuelkirche gewählt ?
Katja Scheer: „Grundsätzlich gehen wir mit Projekten von Musik von den Elbinseln wie die Weltkapelle Wilhelmsburg ja eines ist, gerne in den Stadtteil. (siehe z.B. auch bei 48h Wilhelmsburg, Inselparkkonzerten, Klangwerkstätten), schauen welche Anforderungen die Veranstaltung hat und gucken dann, welchen Ort wir „bespielen“, was wir passend finden. Wir wollen ja mit unseren Musikangeboten immer auch vernetzend wirken und so lässt sich auch nochmal schön zeigen welche unterschiedliche, tolle Orte es hier auf der Veddel und in Wilhelmsburg gibt.
Angefragt haben wir beim gesamten New Hamburg Team, ob wir bei ihnen mal wieder zu Gast sein dürfen, dazu gehört ja auch Uschi Hoffmann, die Diakonin. Wir schätzen deren Arbeit sehr und fanden das passt zu unserer Veranstaltung.“
Ein besonderer Gast aus Hannover wohnte der Veranstaltung ebenfalls bei. Es war Frau Dr. Sabine Fett, Mitglied des Kuratoriums „Fonds Soziokultur“. Dieser Fonds vergibt Bundesmittel für modellhafte soziokulturelle Projekte.
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Ich hatte das große Glück, sie während der Veranstaltung an meiner Seite haben zu dürfen und sie nach ähnlichen Projekten, Projektträgern, Förderung und vieles mehr zu befragen:
Fr. Dr.F.: Projektträger können sich zwei Mal im Jahr beim Fonds bewerben und Anträge stellen, wenn sie exemplarische soziokulturelle Projektideen verwirklichen wollen.
WIP: Müssen das eingetragene Vereine sein?
Fr. Dr.F.: Nein, das können auch freischaffende Künstlerinnen und Künstler sein. Es sollten nur keine kommunal- oder landesgetragene Einrichtungen sein.
WIP: Es sind also Menschen, die sich zusammen tun und gemeinsam im kulturellen Bereich etwas auf die Beine stellen wollen?
Fr. Dr.F.: „Genau. Aber um gefördert zu werden, müssen die Antragsteller natürlich gewisse Kriterien erfüllen. Die Projekte sollten einen hohen Aufforderungs- und Beteiligungscharakter haben, damit sich viele Menschen angesprochen und motiviert fühlen können, bei den künstlerischen Projekten mitzumachen.
Das ist z. B. bei dem Projekt „Weltkapelle Wilhelmsburg“ der Fall, für das die „Stiftung Bürgerhaus Wilhelmsburg“ im letzten Jahr einen Antrag beim Fonds gestellt hat. Die Idee des Projektes geht auf Katja Scheer von der Stiftung zurück, die ja auch für das jährlich stattfindende Projekt „48 h Stunden Wilhelmsburg“ des Netzwerkes „Musik von den Elbinseln“ verantwortlich ist.
Neben der „Weltkapelle“ ist im Rahmen des Projektes außerdem ein Chor mit geflüchteten und einheimischen Frauen ins Leben gerufen worden. In dem Projekt dient die Musik als verbindendes Element der Begegnung und Kommunikation. Aber Musik ist natürlich gleichzeitig künstlerisches Ausdrucksmittel und es freut mich, dass sich die Sängerinnen und Musiker heute der Öffentlichkeit präsentieren.
Das Besondere ist, dass das Projekt „Weltkapelle Wilhelmsburg“ vom Kuratorium des Fonds Soziokultur nicht nur gefördert, sondern auch für den Innovationspreis 2017 nominiert worden ist. Der Preis wird dieses Jahr für Projekte zum Thema Flucht, bzw. für die Arbeit mit geflüchteten Menschen vergeben. Der Fonds Soziokultur hat bundesweit 15 Projekte für den Innovationspreis nominiert und sobald alle diese Projekte abgeschlossen sind, werden die Preisträger ausgewählt.“
Apropos „Kultur satt“ auf der Veddel: Erwähnt werden muss auf jeden Fall noch, dass neben der „Musik von den Elbinseln“ parallel dazu das Theaterstück „Iphigenie“ aufgeführt wurde (ein Stück aus der griechischen Mythologie). Premiere war am Donnerstag, den 23.03. Weitere Aufführungen erfolgten am darauffolgenden Freitag und Samstag.
Das Stück war eine Aktion von „New Hamburg“ und wurde getragen vom Deutschen Schauspielhaus. Die Aufführenden des dramatisch vorgetragenen spektakulären Stückes waren jedoch überwiegend Veddeler oder ehemalige Veddeler.
Das Publikum in der voll besetzten Immanuelkirche war begeistert und zollte den Darstellern und Mitwirkenden tosenden Beifall.
Es spielten: Gala Othero Winter und Fatoumata Aidara, Hava Bekteshi, Akile Bürke, Rabea Lübbe, Zumreta Sedjvic, Nicole Wiemers.
Regie: Paulina Neukampf / Ausstattung: Julia Berndt / Musik: Rabea Lübbe, Derya Yildirim / Dramaturgie: Anja Redecker / Produktionsleitung: Sina Schröppel.
Kultur satt? Na ja. Sagen wir es hat Appetit auf mehr gemacht!