Abenteuer Wildnis
Ich bin zwar viel in der Natur unterwegs. Spazieren gehen oder Radfahren. Gerne auch lange Touren durchs Grün. Ich muss aber auch gestehen, ich habe eigentlich nie angehalten, um mir Amphibien oder Gebüsche genauer anzusehen. Heute möchte ich mehr wissen. Ich treffe gleich Bernhard Vogt vom BUND Hamburg im Naturerlebnisgarten Wilhelmsburg, denn heute geht es um fühlen, schmecken, hören, tasten, riechen. Und zwar draußen!
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Bernhard widmet sich gerade mit Engelsgeduld einer Kindergartengruppe. Mit sichtlich viel Spaß streunen die kleinen Gartenkinder durch das Grün und hängen dem Projektleiter an den Lippen. Ich stehe etwas abseits und höre schon mal zu. Es geht um Entdeckungen und Experimente in der Natur. Die Kinder lernen Gemüse, Obststräucher und essbare Wildkräuter kennen, sammeln sie ein und bereiten eine leckere und gesunde Mahlzeit daraus. Im BUND Naturerlebnisgarten und im Inselpark wachsen die verschiedenartigsten Kräuter. Viele von ihnen werden und wurden von den Menschen als Medizin, Gewürz, Arznei- oder Genussmittel eingesetzt. Die Kinder erfahren dann auch noch mehr, über Wirkungen und Nebenwirkungen, von uralten Bräuchen und krautigen Geschichten.
Bernhard erzählt mir später, was für spannende Themen der Naturerlebnisgarten noch alles zu bieten hat. Wir schlendern langsam durch das sonnige Grün, das mich ein wenig an die verwunschenen Gärten von Hogwarts erinnert. Dazu gehört selbstredend ein Labyrinth aus Hecken. Dieser Teil des Gartens erhöht den Spaßfaktor der Besucher um ein weiteres Highlight. Die Hecken sind kurz gehalten, damit man die Kleinsten auch nicht aus den Augen verliert.
Sehr wichtig ist es dem Projektleiter, darauf hinzuweisen, dass ihm viel daran liegt, Kinder-Umweltgruppen aufzubauen und ihnen die Natur und den Umgang mit der Natur näher zu bringen. Dabei geht es natürlich auch um das, was in der Wildnis so alles kreucht und fleucht.
Die Insekten. Sie teilen sich mit uns die Welt und sind fast überall zu finden: draußen im Park, im Haus, unter einem Stein, in der Luft, im Wasser…
Auch der BUND Naturerlebnisgarten ist von Tausenden Insekten bewohnt. Ein paar von ihnen wird Bernhard euch bei einigen Veranstaltungen vorstellen. Aber es sind nicht nur unzählige Insekten unterwegs, sondern auch viele verschiedene Arten. Es wird allen Interessenten gezeigt und erklärt, wie sich Bienen, Hummeln, Wespen, Käfer, Wanzen und Schmetterlinge unterscheiden.
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Wo diese Tiere leben und welche Bedeutung sie im Naturkreislauf und für uns Menschen haben. In den unterschiedlichsten Lebensräumen wird nach den dort vorkommenden Insekten gesucht. Das Aussehen wird anhand typischer Merkmale untersucht. Dabei werden selbstverständlich auch die Lupe und das Mikroskop zum Einsatz kommen, um genau zu sehen was auf und in der Erde alles lebt.
Als nächstes spazieren wir an einem Bereich vorbei, in dem es um die Bienen geht. Den Honigbienen und ihren wilden Verwandten, den Wildbienen. Es gibt rund 600 Wildbienenarten in Deutschland. Bei einer Wand aus Lehm bleiben wir stehen und ich erfahre, dass hier die Wildbienen Unterschlupf suchen. Manche von ihnen buddeln sich winzige Höhlen in die Wand und leben dort. Andere nutzen den Lehm zum Bau ihrer „eigenen vier Wände“. Sie bauen den Lehm hier ab und fliegen mit dem Baumaterial davon.
Ein paar Schritte weiter wird ein Imker aus Wilhelmsburg seine Bienenstöcke aufstellen und uns das Imkern beibringen. Auch hier werden wir dann erfahren, welche unterschiedlichen Arten es gibt und wie sie leben. Und wie wir ihnen beim Überleben helfen können.
Der Weg führt weiter an einer wildwachsenden Wiese vorbei zu einem Windrad, welches schon von weitem gut zu sehen ist. Das Rad pumpt mit Windkraft Wasser aus der Erde, bewässert die Pflanzen drum herum und befüllt einen kleinen Teich im Garten. Wasser ist das zentrale Element unseres Lebens und Hamburg wird wie kaum eine andere Stadt vom Wasser geprägt. Der Naturerlebnisgarten liegt in Wilhelmsburg, Europas größter Flussinsel, die komplett von der Elbe umgeben ist. Auch im unmittelbaren Umfeld des Gartens, im Inselpark, stoßen wir auf offene Wasserflächen. In diesen Kleinstgewässern, den Seen, Tümpeln und Teichen, lebt eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen und gleichzeitig eine schier unendliche Vielfalt. Da stellen sich natürlich die Fragen, welche Tiere leben hier und wie beobachte und behandle ich diese Tiere sorgfältig?
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Alle diese Fragen werden von den Naturprofis beantwortet. Und auch: Wer frisst wen und wer frisst was?
Wir erreichen bei unserem Rundgang die Hochbeete. Sie gehören unter anderem zum offenen Naturerlebnisgarten. Der Naturerlebnisgarten steht allen Garten-Interessierten offen. Jeder, der Freude an der Natur und die Lust am Gärtnern hat, kann dort mitmachen. „Noch mehr freuen wir uns über viele helfende Hände. Denn zu tun gibt es immer mehr als genug!“ erzählt mir Bernhard.
„Die verschiedenen Hochbeete laden auch gerne dazu ein, eigene Garten(bau)projekte in unserem Garten zu starten.“v
Eine Schulklasse aus einer nahegelegenen Schule hatte schon einmal angefangen und ein Hochbeet gebaut und bepflanzt. Nun wird von den Schülern dafür gesorgt, dass alles blüht und Früchte trägt. Die Kids freuen sich schon darauf, ihr Kantinenessen mit einem eigenem Beitrag zu bereichern. Bernhard erklärt zwischendurch Neugierigen was es für Möglichkeiten gibt, ein eigenes Hochbeet zu bauen und zu gestalten.
Ich höre noch so einiges, was im Garten passieren wird. Es sind Gartensafaris und Umwelt-Rallyes geplant. Bienentage und Fledermaus-Nächte. Auch Theateraufführungen zum Thema Natur wird es geben.
Nachdem wir einmal quer durch den Garten gestreift sind, verabschiede ich mich schon einmal von Bernhard und streune noch ein wenig alleine durch den Garten. Schlendere durch einen geflochtenen Weidengang in die Chillout-Ecke. Hier hängen zwischen den Obstbäumen bunte Hängematten und laden zum Verweilen ein. Für diejenigen, die schon viel geleistet haben. Und selbstredend auch für diejenigen, die einfach nur die Natur und den Garten genießen möchten.
Ich setze mich auf eine sonnengewärmte Holzbank, lehne mich zurück und schließe die Augen… höre dem Garten einfach mal zu. Ein leises Brummen kommt näher und saust an mir vorbei. Aus jeder Ecke zwitschert es in allen Tonlagen. Es quakt, es zirpt und es raschelt um mich herum. Gelacht wird auch.
Klaus@WIP
Fotos wurden zur Verfügung gestellt von: BUND Hamburg (www.bund-hamburg.de)
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Der Garten
Die BUND-Gruppe Harburg – allen voran der langjährige BUND-Vorsitzende Harald Köpke – haben den Naturerlebnisgarten bereits vor zehn Jahren in Kooperation mit der Nelson-Mandela-Stadtteilschule aufgebaut. Die Idee war, Schüler*innen eine sinnliche und nachhaltige Erfahrung der Natur zu ermöglichen. Der Garten wurde Bestandteil des Projektes GaLa-Schulnetzwerk Wilhelmsburg und war im Jahr 2013 ein „Erlebnisort“ im Rahmen der Internationalen Gartenschau (IGS). Die vielfältige Naturerlebnisfläche bietet beste Möglichkeiten, direkte „Begegnungen“ zwischen Menschen und Natur zu fördern. Der BUND Hamburg hat deshalb den Garten vom Bezirksamt Mitte gepachtet und möchte ihn als Begegnungsstätte für die Menschen im Stadtteil öffnen. Dafür steht dieses Veranstaltungsprogramm, mit dem wir Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie Menschen verschiedener Herkunft zusammenbringen wollen. Unsere Bildungsarbeit im Spannungsfeld zwischen „Gartenkultur“ und „Wildnis“ soll den Menschen Freiraum zum Experimentieren, Spielen, Entdecken und Beobachten der Natur geben. Der Garten bietet Raum, um in Gemeinschaft zu gärtnern, voneinander zu lernen und sich mit anderen über Natur- und Umweltschutz auszutauschen.
Ich lade alle Interessierten herzlich ein, den Garten gemeinschaftlich mit dem BUND weiterzuentwickeln.
Bernhard Vogt
Projektleiter Naturerlebnisgarten
www.BUND-hamburg.de
Den Naturerlebnisgarten findest du im Inselpark in Wilhelmsburg gegenüber der Straße Hauland 83 in Hamburg-Wilhelmsburg. Zu Fuß oder per Rad gut und „durchs Grüne“ zu erreichen von der S‑Bahn- Haltestelle Wilhelmsburg.