Tradition und Musik im Zusammenspiel

Mein Spielmannszug und ich

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„Du, Tan­te“, zupf­te es an mei­ner Uni­form, erstaunt schau­te ich an mei­nem Bein her­ab in leuch­ten­de Kin­der­au­gen. „Ja“, frag­te ich. „Ich woll­te auch nur mal sagen, dass ihr heu­te für uns ganz toll Musik gemacht habt.“ Bevor ich auch nur noch ein Wort sagen konn­te, war das klei­ne Mäd­chen samt leuch­ten­der Mond­la­ter­ne auch schon wie­der ver­schwun­den. Lächelnd pack­te ich unse­re Musik­in­stru­men­te in mein Auto und fuhr, immer noch lächelnd, lang­sam wie­der nach Hau­se. Sol­che oder auch ähn­li­che Erfah­run­gen durf­ten sicher­lich auch die Gründungsväter unse­res Ver­ei­nes von Vor­wärts 93 bereits gemacht haben. Auch wenn schon 117 Jah­re ver­gan­gen sind, sind es die klei­nen Erleb­nis­se rund um die Musik, die uns immer wie­der zum Wei­ter­ma­chen ani­mie­ren. Wir, das sind in die­sem Fall die Spiel­leu­te vom heu­ti­gen Spiel­manns­zug im Sport­ver­ein Wil­helms­burg, der es trotz Play­sta­ti­on, 30 Kanä­len im Fern­se­hen und viel mehr Frei­zeit­an­ge­bo­ten als zur Gründerzeit im Jahr 1897 bis in unse­re Zeit geschafft hat. Wir sind immer noch da und haben es auch vor zu blei­ben. Damals waren es die Tur­ner des TSV Vor­wärts 93, die sich ent­schlos­sen, ein Tromm­ler- und Pfei­fer­korps zu gründen, der dann die Turnübungen und auch die Tur­ner­rie­gen stän­dig beglei­ten soll­te. Die Geburts­stun­de der Spiel­manns­zug­mu­sik in Wil­helms­burg, damals noch selbst­stän­di­ge Stadt vor den Toren Hamburgs.

Es gab Hoch- sowie auch Tief­punk­te in der Ver­eins­ge­schich­te. Mit­te der 70er-Jah­re bestand auch damals schon die Schwie­rig­keit Kin­der und Jugend­li­che für den Spiel­manns­zug zu begeis­tern. Doch die Beharr­lich­keit die man als Spiel­manns­zug braucht, zahl­te sich aus. Ende der 70er-Jah­re bestand der Spiel­manns­zug aus 104! Spiel­leu­ten. Eine Zahl, die im Jahr 2014 nicht zu grei­fen ist. Als ich vor ca. 20 Jah­ren nach Wil­helms­burg kam, fand ich eine ähn­li­che Situa­ti­on vor wie nun im Jahr 2014.

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[one_third_last]Spielmannszug 5[/one_third_last]

 

Wir befan­den uns im Neu­auf­bau, der damals auf­grund der Situa­ti­on im Stadt­teil sehr schwer war.

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Den­noch haben wir nie auf­ge­ge­ben. Der ein­zi­ge Unter­schied zu heu­te war, dass wir einen fes­ten Stamm von Spiel­leu­ten hat­ten, die­sen Stamm gibt es nun lei­der nicht mehr. Sodass wir eigent­lich bei null wie­der anfan­gen. Doch das ist kein Grund, Trüb­sal zu bla­sen oder gar auf­zu­ge­ben, im Gegen­teil. Der Spiel­manns­zug im Sport­ver­ein Wil­helms­burg ist zur­zeit einer der weni­gen Spiel­manns­zü­ge in Ham­burg, der nicht über Nach­wuchs­man­gel kla­gen kann. Außer­dem bie­tet so ein Neu­an­fang Mög­lich­kei­ten, das Alte mal ein wenig in die neue Zeit zu katapultieren.

Neue Stü­cke, aber auch alte, nur neu auf­ge­legt, viel­leicht auch mal eine kom­plett neue Uni­form. Mal sehen, was die Zeit noch so mit sich bringt. Im Jahr 2012 habe ich die Lei­tung übernommen und damit begon­nen zu über­le­gen, wie wir auch in der Neu­zeit über­le­ben kön­nen. Hier­für habe ich ein neu­es Kon­zept erstellt, um Kin­dern den Zugang zur Musik zu erleich­tern. „Alle unter einem Dach“ ist unser Mot­to. Dank der Sprach­heil­schu­le Wil­helms­burg (ReBBZ) kön­nen wir jeden Mitt­woch ab 15.30 Uhr eine Betreu­ung anbie­ten. Vor dem Üben kön­nen Kin­der essen, spie­len oder auch Haus­auf­ga­ben machen. Kin­der, z. B. vom ReBBZ, der Elb­in­sel­schu­le und dem Hel­mut-Schmidt-Gym­na­si­um kön­nen ohne Umweg gleich nach der offi­zi­el­len Schul­zeit bei uns, im „Tor zur Welt“, blei­ben. Kin­der aus ande­ren Wil­helms­bur­ger Schu­len, die meist früher Schul­schluss haben, kön­nen eben­falls nach dem Regel­un­ter­richt betreut wer­den. Es gibt einen indi­vi­du­el­len Übungs­plan mit ver­schie­de­nen Zei­ten. So kön­nen alle Kin­der erst ein­mal abschal­ten und sich danach kom­plett auf das eigent­li­che Üben konzentrieren.

Wir nen­nen es mal ganz frech die „Spiel­manns­zug-Gleit­zeit“. Betreu­ung und Üben fin­den in der Zeit von 15.30 Uhr bis 18.00 Uhr statt. Dank die­ses neu­en Kon­zep­tes haben wir auch schon wie­der Kin­der für den Spiel­manns­zug begeis­tern kön­nen. Jetzt wür­den wir uns auch über musik­be­geis­ter­te Erwach­se­ne freu­en, ehe­ma­li­ge Spiel­leu­te, die uns aktiv unterstützen wol­len oder auch Musi­ker ande­rer Musik­rich­tun­gen, die uns bei der Aus­bil­dung unse­rer Anfän­ger hel­fen möch­ten. Wir freu­en uns über jeden, der den Weg zu uns fin­det. Aber es wird nicht nur gear­bei­tet. Gemein­sa­me Aus­flü­ge, wie z. B. zum Ham­bur­ger DOM oder auch mal in den Hans­a­park, gehö­ren bei uns zum fes­ten Plan. Denn auch flei­ßi­ge Kin­der brau­chen mal eine Pau­se. Ganz groß wird bei uns die Gemein­schaft geschrie­ben. Kon­flik­te wer­den sofort ruhig und sach­lich gelöst. Hier­mit fan­gen wir schon bei den Kleins­ten an.

Gemein­sam Wer­bung für unse­ren Zug zu machen, gehört eben­falls dazu. Die letz­te Wer­be­ak­ti­on hat beson­ders unse­ren Klei­nen sehr viel Spaß gemacht. Mit viel Eifer haben sie, wie man sieht, auch die Kleins­ten zum Aus­pro­bie­ren ani­miert. Dank die­ser Wer­be­ak­ti­on haben in der Fol­ge 2 unse­rer Tromm­ler den Weg zu uns gefun­den und sind schon meh­re­re Ein­sät­ze mit­ge­lau­fen. Auch hier sieht man wie­der, Ein­satz und neue Ideen loh­nen sich. Zur­zeit besteht unser Ver­ein aus 5 aus­ge­bil­de­ten Erwach­se­nen und 13 Anfän­gern, die ver­teilt sind auf Flö­ten, klei­ne Trom­mel, Becken und Glo­cken­spiel. Unter­stützt wer­den wir von einer exter­nen Flö­ten­aus­bil­de­rin, die selbst mal im Spiel­manns­zug gewe­sen ist und zur­zeit in einem Orches­ter spielt.

Ich per­sön­lich küm­me­re mich um die Aus­bil­dung der Tromm­ler, Becken- und Per­cus­sions­spie­ler. Hier­bei hilft mir mei­ne 20-jäh­ri­ge Erfah­rung als Spiel­mann und mei­ne Tätig­keit mit Kin­dern im ReBBZ. Hin­zu kom­men fes­te Aus­hil­fen, die immer wie­der ein­sprin­gen, damit wir ab und zu zum Spie­len kom­men. Auch die­se Aus­hil­fen aus ande­ren Ham­bur­ger Spiel­manns­zü­gen müs­sen hier erwähnt sein. Denn ohne die­se Ham­bur­ger Gemein­schaft wären eini­ge gro­ße Auf­trit­te, auch für ande­re Ver­ei­ne, heut­zu­ta­ge nicht mehr mach­bar. Dabei kommt es nicht unbe­dingt auf die Grö­ße der Musik­zü­ge an.

Man kann auch mit 10 Spiel­leu­ten klas­se Musik machen. Die Zeit ist eine ande­re. Schnell, über­füllt und hek­tisch. Es ist sehr schwer, mit Kin­dern zu arbei­ten, die teil­wei­se mehr Ter­mi­ne in einer Woche haben als ein Erwach­se­ner. Den­noch sind wir zuver­sicht­lich, dass wir unse­re Anfän­ger hal­ten kön­nen. Zeit haben wir genug und auch die Geduld, um so einen Pro­zess abschlie­ßen zu können.

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[one_third_last]SpielmannszugSpielmannszug 3

Spielmannszug 2

 

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Ideen zur gemein­sa­men Frei­zeit­ge­stal­tung haben wir eben­falls sehr viele.

[two_third]Dankbar sind wir für jede Unterstützung, sei es nur das Ver­ständ­nis dafür, dass wir halt nicht mehr jeden Auf­tritt aus der Ver­gan­gen­heit hier in Wil­helms­burg lau­fen kön­nen. Wir tun unser Bes­tes, damit wir als Spiel­manns­zug mit einer 117-jäh­ri­gen Tra­di­ti­on hier auf unse­rer schö­nen Insel auch die nächs­ten Jah­re exis­tie­ren wer­den. Dafür brau­chen wir aber auch die Hil­fe der Wil­helms­bur­ger. Schickt eure Kin­der in den Spiel­manns­zug, lasst sie Musik machen und Teil einer wirk­lich tol­len Gemein­schaft wer­den. Ich bin übri­gens Tan­ja Schrö­der, seit knapp 20 Jah­ren in Wil­helms­burg und auch schon so lan­ge im Spiel­manns­zug. Ange­fan­gen im WSV 93 als Tromm­le­rin, habe ich im Jahr 2012 die Abtei­lungs­lei­tung von Dirk Zim­mer­mann über­nom­men und fun­gie­re seit­dem als „Mäd­chen für alles“. Auch wenn es viel Zeit und Kraft in Anspruch nimmt, habe ich die­sen Schritt nie bereut. Ich bin offen für Neu­es und freue mich auf die Her­aus­for­de­rung, unse­ren Zug wie­der auf die Bei­ne zu stel­len. Dass wir mal wie­der 104 Spiel­leu­te sind, wer­den wir defi­ni­tiv nicht schaf­fen. Aber mein Ziel wer­de ich auch wei­ter­hin nicht aus dem Blick ver­lie­ren. Unser Ziel ist klar! Zum 120-jäh­ri­gen Bestehen unse­res Spiel­manns­zu­ges im Jahr 2017 möch­ten wir wie­der mit min­des­tens 20 eige­nen Spiel­leu­ten auf­lau­fen kön­nen. 20? Ist ja nicht so viel, mag jetzt manch einer viel­leicht den­ken. Aber bis man sei­ne Anfän­ger so weit hat, bedarf es Durch­hal­te­ver­mö­gen, Bestän­dig­keit und einer rie­si­gen Por­ti­on an Moti­va­ti­on und den Glau­ben dar­an, dass wir es schaf­fen kön­nen. Ich glau­be dar­an. Also, lasst uns die Ärmel hoch­krem­peln und an die Arbeit gehen![/two_third]

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Wer hilft mit?
Auch sind wir auf der Suche nach ehe­ma­li­gen Spiel­leu­ten von Vor­wärts 93 und aus der Zeit, als wir noch der Spiel­manns­zug im Wil­helms­bur­ger Sport­ver­ein (WSV 93) waren, die viel­leicht noch alte Fotos bei sich lie­gen haben und uns aber auch noch ein wenig mehr über die Geschich­te unse­res Spiel­manns­zu­ges erzäh­len kön­nen. Viel­leicht fin­det ja auch ein „altes“ Gesicht wie­der Lust am Musikmachen.

Wir wür­den uns freuen!

Wei­te­re Infos gibt es auch bei facebook:
face­boo­k/­Spiel­manns­zug-im-Sport­ver­ein-Wil­helms­burg-von-1888-eV