Jojos 1. Mal als Stallbursche beim Reit- und Fahrverein Wilhelmsburg-Kirchdorf e.V.
[infobox title=‘ ‘]In Harburg bekannt wie ein bunter Hund, in Wilhelmsburg will er es werden – und er ist auf dem besten Weg dahin. Unser WIP Mitarbeiter Johannes Tapken, im Freundes- und Bekanntenkreis unter seinem Spitznamen Jojo bekannt. Für seine Entdeckungstour auf der Elbinsel gibt es die Rubrik in WIP: Jojo 1. Mal…
Für diese Ausgabe zeigt Jojo seine Kompetenzen als Stallbursche. [/infobox]
Wenn Tiere größer sind als ich, dann hab ich Respekt. Charlie ist größer. Mit einem Stockmaß – also Sattelhöhe – von über 180 Zentimetern kann mir Charlie locker von oben herab in die Augen sehen. Ich erwidere den Blick des Schimmels in der Hoffnung, dass wir Freunde werden. Charlie schaut durch mich hindurch. Scheinbar hat er genügend Freunde. Als er dann noch beginnt, genussvoll in seine Box abzuäpfeln ist mir klar: Ich bin nur ein kleiner Mann, der zum Aufräumen gekommen ist.
„Genau das ist ja dein Job“, ruft Melanie Ciampa mir zu. Die 2. Vorsitzende des Reit- und Fahrvereins Wilhelmsburg grinst, übergibt mir eine Schaufel und einen merkwürdigen Kanister. „Sauber machen“, fordert sie mich auf und ich kämpfe mich an die „Rückseite“ von Charlie, um die Pferdeäppel zu beseitigen. Wenn Charlie jetzt so richtig keinen Bock auf mich hat, dann schlägt er einfach einmal aus und ich kann ins Krankenhaus. Okay, Groß Sand ist gleich um die Ecke, muss aber auch nicht sein. „Keine Sorge“, beruhigt mich Melanie, „Charlie ist ganz lieb.“ Jaja, denke ich, dass sagen Besitzer von Kampfhunden auch immer…
Charlie ist lieb. Als ich ihn mit diversen Bürsten putze, baut sich fast schon ein freundschaftliches Verhältnis zwischen uns auf. Wir sprechen sogar miteinander – einseitig – aber immerhin. Gemeinsam mit Charlie sind hier in Kirchdorf noch weitere 30 Pferde zuhause. Auf rund sechs Hektar Land hat der Reitverein Wilhelmsburg so gut wie alles, was sich das Reiterherz wünscht. Eine 25 mal 45 Meter Reithalle, ein Springplatz der alleine 1 Hektar groß ist, 31 Boxen und natürlich ein Solarium für die Vierbeiner. Das hab nicht mal ich zuhause. Braun werden sollen die Pferde hier allerdings nicht – wäre ja auch doof, wenn man ein Schimmel ist. Nach dem Reiten können die Tiere hier bei der Wärme entspannen. Und während ich so darüber nachdenke, mich kurz auch unter die „Sonnenbank“ zu legen, kommt Bruno um die Ecke. Bruno ist ein Norweger, etwa 165 Zentimeter Stockmaß und trägt seine Mähne locker im Gesicht. Bruno ist cool. Wir verstehen uns sofort. „So, das ist eines unserer Schulpferde“, erklärt mir Melanie.
Schulpferde gehören dem Verein und sind für den Reitunterricht eingeteilt. Während der Begriff Schulpferd bei anderen Ställen oft einen bitteren Beigeschmack hat, leben Bruno und seine vier Kollegen hier in Wilhelmsburg ein richtig gutes Leben. Zweimal wöchentlich haben die Pferde frei – im Sommer drei Wochen Urlaub. Und in der übrigen Zeit „arbeiten“ die Tiere höchstens zwei Stunden am Tag. Und heute soll Bruno mit mir arbeiten. Doch bevor es soweit ist, geht es erst einmal wieder ans Putzen. Darin bin ich ja schon Experte. Jetzt kommt die Trense drauf. Das ist ein Wirrwarr aus Lederriemen, das dem Pferd über den Kopf gezogen wird. Erstmal den „Eingang“ finden. Nach einigen Versuchen sieht Bruno wie ein Turnierpferd aus. Fehlt nur noch der Sattel. „Der brauchst du heute nicht“, erklärt Susanne Kaiser, 1. Vorsitzende schmunzelnd und führt Bruno in die große Halle.
Hier sind die Sicherheitsvorkehrungen mittlerweile auf ein Maximum hochgeschraubt worden. Man hat mitbekommen: Hier ist ein Städter, der keine Ahnung von Pferden hat. Ich lasse mir helfen auf den Rücken von Bruno zu kommen. Gar nicht so einfach, der Rücken ist breiter, als ich gedacht habe. Schnaufend und wild mit den Armen rotierend ziehe ich mich also hoch. „Auf dem Rücken der Pferde, liegt das Glück der Erde“, geht mir durch den Kopf, als ich endlich oben angekommen bin und mich in eine aufrechte Haltung aufraffe. Ob ich falsch herum auf Bruno sitze? Vielleicht.
Ob ich das absichtlich gemacht habe? Vielleicht. Ob ich mich zum absoluten Stall-Trottel gemacht habe? Natürlich.