Wilhelmsburg/Veddel. Henrike Wehrkamp ist Mitglied in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte, Fraktionsvorsitzende der Grünen und eine „Politikerin zum Ansprechen“. Ich habe mit der Veddelerin darüber gesprochen, was sie an den Elbinseln so reizvoll findet und was Lokalpolitik für sie ausmacht.
Die Demonstrationen gegen den Irak-Krieg 2003 waren für Henrike der Beginn ihres politischen Engagements. Bis sie sich für ihre politische Partei entschied, hat sich Henrike aber noch einige Jahre Zeit gelassen, denn es war ihr wichtig „die Richtige“ zu finden. Henrike ist überzeugt: „Klimaschutz ist die Frage, die wir vor die Gleichung stellen müssen! Wenn wir dieses Problem nicht lösen, haben wir keine Lebensgrundlage mehr.“ Die Leidenschaft für das Thema merkt man Henrike trotz teilweise etwas wackeliger Verbindung bei unserer Videokonferenz sofort an. Da Bündnis 90/Die Grünen die einzige Partei ist, für die Klimaschutz ebenso wichtig ist wie für Henrike, hat sie hier ihre politische Heimat gefunden. Außerdem hat sie die große Offenheit der Partei überzeugt – Neue können ab dem ersten Tag mitmachen und mitentscheiden und viele Entscheidungen werden basisdemokratisch getroffen. Von diesen Grundwerten werden viele Menschen angezogen, die ähnlich ticken wie Henrike, und mit denen sie gerne viel Zeit verbringt.
Henrike ist seit 2019 Mitglied der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte. Als Abgeordnete arbeitet sie in Ausschüssen zu den Themen Kultur, Wochenmärkte und Entwicklung von Wilhelmsburg / Veddel. Und was genau passiert in so einem Ausschuss? Im Kultur-Ausschuss wird zum Beispiel über Anträge zur Förderung der Stadtteilkultur entschieden, außerdem ist auch die Vernetzung mit Kulturschaffenden wichtig, um sich über die Situation berichten zu lassen und ihnen das Gefühl zu geben, wahrgenommen zu werden. Für die Post-Corona-Zeit wünscht sich Henrike, dass bereits bestehende Projekte wie das Café Nova an der Immanuel Kirche oder der Info- und Kulturladen Lüttje Lüüd auf der Veddel erhalten bleiben. Mit der neuen Aufgabe als Fraktionsvorsitzende in einer Doppelspitze mit Manuel Muja sind ab Mai dieses Jahres noch weitere Aufgaben hinzugekommen: die Fraktion zusammenhalten und einen Überblick über die Aktivitäten behalten.
Poltik für Veddel und Wilhelmsburg
Das gute Wahlergebnis auf der Veddel kam nicht aus dem Nichts – im Wahlkampf haben sich Henrike und ihre Mitstreiter ordentlich ins Zeug gelegt. Im Haustürwahlkampf haben sie bei vielen, vielen Menschen aus dem Stadtteil geklingelt und Henrike erzählt lachend: „Ich finde Haustürwahlkampf macht total Spaß – die Scheu davor ist unbegründet. Man wird weder zwei Stunden zum Kuchenessen eingeladen, noch begegnen einem die Menschen unfreundlich, die meisten reagieren positiv auf den Besuch.“ Außerdem wurden beim sogenannten Frühflyern morgens an der S‑Bahnstation Veddel zahlreiche Flyer verteilt und es gab einige Infostände bei Veranstaltungen.
Beim Stichwort Politiker denken viele immer noch an mittelalte Männer in dunkelblauen Anzügen, doch das Thema Gleichberechtigung ist auch in der Politik angekommen. Die Grünen sind Vorreiter in diesem Bereich und haben viele Maßnahmen für mehr Gleichberechtigung eingeführt, so Henrike. Mit Erfolg: Denn Henrike fühlt sich als junge Frau und Politikneuling ernst genommen in ihrer Fraktion. Und schmunzelnd fügt die mittlerweile (fast fertig) promovierte Politikwissenschaftlerin hinzu: „Anerkennung kommt ja auch durch Kompetenz.“
Als es Henrike auf die Veddel verschlagen hat, war die Reaktion vieler Leute erst mal „Oha!“, doch sie fühlt sich sehr wohl in dem kleinen Stadtteil mit gerade ein mal 4.600 Einwohnern, in dem es sehr nachbarschaftlich zugeht und wo man vielen Menschen ständig über den Weg läuft. Für sie macht es der Mix aus unterschiedlichen Kulturen und vielen interessanten Orten. Oder auch „die Realness“, wie Henrike, die seit ihrer Jugend gerne Hip-Hop, es lachend auf den Punkt bringt. Wasser war schon immer ein Ding für die Bremerhavenerin und entsprechend liebt Henrike es, über die Brücke und rund um das Ballin-Museum zu spazieren. Ein weiterer Lieblingsplatz: das eigene Wohnzimmer mit wunderschönem Panorama aus dem Fenster des vierten Stocks inklusive Blick auf die Elbphilharmonie…
Doch wenn sie über ihre Veddel spaziert, sieht Henrike natürlich auch die Probleme, die es für den sozial benachteiligten Stadtteil zu lösen gilt. Viele Familien haben ein geringes Einkommen und kleine Wohnung, daraus können unterschiedliche Folgeprobleme resultieren, außerdem gibt es da noch die dicken Bretter Lärmbelastung und Luftbelastung, denn Veddel liegt eingekesselt zwischen S‑Bahn und Autobahn.
„Lokalpolitik macht richtig Spass, wenn viele mitmachen“
Henrike wünscht sich, dass noch mehr Menschen mit offenen Augen durch die Stadt gehen, Probleme aufzeigen und Ideen einbringen, denn Kommunalpolitik lebt davon, dass Menschen sich einbringen: „Jede und jeder kann Politik sein und sich beteiligen, dann wird es richtig produktiv und niemand gerät in Vergessenheit.“ Henrike freut sich, wenn sie auf der Straße angesprochen wird. Wer ihr gerade nicht über den Weg läuft, kann ihr aber auch eine Mail schreiben henrike.wehrkamp@hamburg.gruene.de oder die Bezirksfraktion Hamburg-Mitte via Social Media kontaktieren @GrueneMitteHH.
Unter dem Titel „Frauenpower von der Elbinsel“ stelle ich inspirierende Frauen von der Elbinsel vor. In den letzten Ausgaben habe ich die Para-Kanutin Edina Müller, die Hebamme Martje Imkampe und die Musikerin Hava Bekteshi porträtiert. Über wen möchtet ihr in der nächsten Ausgabe von WIP lesen? Schreibt mir gerne eure Vorschläge mit einer kurzen Begründung an johanna@wip-wilhelmsburg.de!
Johanna@WIP